The Notwist - The Messier objects

Alien Transistor / Indigo
VÖ: 30.01.2015
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Space is the place

Bereit für eine kleine Lektion in Sternenkunde? Nein? Macht nichts, da müsst Ihr jetzt durch: Irgendwann im 18. Jahrhundert kam der französische Astronom Charles Messier auf die wilde Idee, sämtliche galaktische Objekte zu verzeichnen und zu kartografieren. Egal ob es sich um einen Sternhaufen handelte oder um Emissionsnebel: Alles, was dem guten Mann vors Fernrohr kam, wurde sorgfältig im "Messier-Katalog" festgehalten. Was Sternhaufen und Emissionsnebel sind, wissen wir jetzt auch nicht genau, aber dafür gibt es ja Professor Leschs nächtliche Sendung beim Bayerischen Rundfunk, auf die wir hier gerne verweisen. An dieser Stelle wichtiger: The Notwist veröffentlichen eine neue Platte, die sie nach Monsieur Messier benannt haben. "The Messier objects" ist dabei natürlich kein reguläres Studioalbum, sondern vielmehr eine Sammlung nachttrunkener Erkundungsflüge, die variantenreich aufzeigen, in wie viele Richtungen sich die Musik der Oberbayern weiterdenken lässt. Psychedelisch, poppig, progressiv: The Notwist können doch eigentlich eh alles.

Das Problem an "The Messier objects" dürfte für viele der experimentelle Charakter sein, der die teils sehr kurzen Songs und Skizzen durchwirkt, schließlich agieren The Notwist hier instrumental, womit die schwärmerisch-elegische Ebene, die meist durch Markus Achers Gesang addiert wird, wegfällt und die Kompositionen deutlich nackter, skelettierter wirken. Wer also hymnischen Indie-Hits wie "Consequence" oder "Kong" nachhängt, der dürfte sich an "The Messier objects" ganz schön abarbeiten. Für all diejenigen, die gerne auf Entdeckungstour gehen, müsste die vorliegende Sound-Expedition hingegen interessant sein. In den ersten Tracks surren die Beats unheilvoll im Hintergrund und wirken wie surrealistische Träume mit extraterrestrischen Bezügen: Man wähnt sich fast in einer Kurzgeschichte des großen Philip K. Dick, dem Altmeister bewusstseinserweiternder Science-Fiction-Prosa. Wer mit solchen Songs in Ohr und Hirn den Alltag bestreitet, empfindet jede hundsgewöhnliche Tram-Fahrt als riskante Mondmission und jeden Familienbesuch als Erstkontakt mit einer fremden Spezies.

Nur selten nehmen The Notwist innerhalb der 17 Stücke Fahrt auf, meistens bauen sich die Songs behutsam auf und fransen letztendlich in unendliche Stille aus. Übrig bleiben Leerstellen und offene Enden. Folglich sollte man "The Messier objects" vielmehr als das Dokument reiner Klangkunst betrachten, die nicht dem Diktat popkultureller Konventionen unterliegt. Als verwöhnter Pop-Hörer ist man trotzdem froh um jeden Strohhalm, den man hier zu greifen bekommt, um jede Melodie, die länger als nur kurze Augenblicke im Gedächtnis haftet, um eine Nummer wie "Object 6", die einem fertig ausformulierten Song schon fast nahe kommt. Ähnlich wie schon 2009 auf "Sturm" wandeln die Oberbayern hier also auf einem schmalen Grat, der sie an den verwegenen Ort führen soll, wo die hier versammelten Skizzen geboren werden: In das weitverzweigte Schaltzentrum der eigenen Kreativität, fernab von Sternhaufen und Emissionsnebel. Dorthin wird ihnen wohl nicht jeder folgen können. Sie vielleicht, Charles Messier?

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Object 6
  • Object 12

Tracklist

  1. Object 1
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  16. Das Spiel ist aus
  17. Object 16
Gesamtspielzeit: 54:14 min

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