Foo Fighters - Sonic highways

RCA / Sony
VÖ: 10.11.2014
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Rock 'n' Roll verzeiht Dir nichts

Ja, lebende Legenden haben es sicher nicht leicht. Zugegeben, einige dieser wandelnden Ikonen dampfplaudern einfach weg, was sich Ihnen in den Weg stellt und genießen ihr Leben. Solchen allerdings wurde im Regelfall auch in eher trivialen Feldern der Legendenstaus zuteil. So mancher Leser wird da widersprechen, aber die Strahlkraft der Lichtgestalt Beckenbauer manifestierte sich zu jeder Zeit mit angemessenem ironischem Unterton. Um einmal ein Beispiel zu nennen. Musik indes ist eine bierernste Angelegenheit, nichts für ungut, liebe Fußball-Fans. Oder wer würde sich nicht für Kaiser Franz fremdschämen, wenn der mit Dave Grohl in der Hotellobby zusammenträfe? Jetzt mal angenommen, die beiden würden sich überhaupt kennen beziehungsweise erkennen. Grohl ist eine lebende Legende der anderen Art, jemand ganz und gar Ernstzunehmendes. Was der Kerl musikalisch anpackte, wurde nicht nur regelmäßig vergoldet, sondern allzu oft auch ein echter – in Germany we call it a – Klassiker. Ob als Trommler bei Nirvana, Queens Of The Stone Age oder Them Crooked Vultures, als Tenacious-D-Satan oder Foo-Fighters-Kopf, Grohl ist einer der ganz Großen unserer Zeit. Und jetzt bitte mal stark sein: Das neue Foo-Fighters-Album "Sonic highways" kann die hochgesteckten Erwartungen wirklich keineswegs erfüllen. Bröckelt da ein Denkmal?

Acht Songs, acht Städte, eine HBO-Serie mit acht Episoden rund um den Erschaffensprozess von "Sonic highways", soweit die Fakten. Joa, hätte 'ne gute Sache werden können. Doch Foo Fighters haben sich vor konzeptionellem Gedöns übel verzettelt. Die Vorab-Single, der Opener "Something from nothing", ist recht ein schnöde geratener Rock-Pop-Song, kein "Everlong", kein "The pretender" oder auch kein "Bridge burning", sondern plätschert fade mit zum falschen Zeitpunkt einsetzender Stoner-Gitarre vor sich hin. Trotzdem, und da liegt das Problem, ist es wohl der herausragende Track auf "Sonic highways", weil er sich gegen Ende gerade so noch einmal fängt und an stärkere Stücke der Amerikaner erinnert. Foo Fighters versprechen ganz viel Liebe in jedem Song und jede Menge Freude am Detail, können aber letztlich nicht beschönigen, was das Konzeptalbum letztlich ist und bleibt: achtmal durchgekautes Stückwerk.

"What did I do? / God as my witness" beispielsweise beginnt mit einem karnevalesken Tusch, der schon Böses erahnen lässt. Immerhin wird die Platte am 10. November und damit gerade rechtzeitig zur Faschingszeit veröffentlicht. Nun gut, diese Überspitzung ist womöglich ein wenig zu viel des Guten, aber der Song geht ärgerlich weiter: Ein Thin-Lizzy-Gedächtnissolo hat in einem Foo-Fighters-Song genauso wenig zu suchen wie Franz Beckenbauer heute noch auf dem Rasen. Da allerdings befindet sich "In the clear" und macht einen auf Stadionrock, und auch das ist bezeichnend, bedenkt man, wie sehr man es immer genossen hatte, dass Foo Fighters diese Grenze nie überschritten. Mit stoischem Klopf-Klopf und einer Songstruktur, die immer wieder den offensichtlichsten Höhepunkt sucht, überschwemmt das Stück geradezu ehemals Hochgeschätztes. Der letzte Song auf "Sonic highways", der siebenminütige Abgesang "I am a river", schließt den Reigen der Verstörung. Plötzlich klingen Foo Fighters ein wenig nach Coldplay ohne Keyboard, und das steht wohl wenigen uncooler zu Gesicht als Grohls Alternative-Rockern. Wo, ja wo nur ist das "Alternative" im Rock von Foo Fighters geblieben?

Im Zuge der Umkehrung des Sounds sind die unten stehenden Referenzen überarbeitet und neu angeordnet worden. Und man möchte so gar nicht aussprechen, oder gar niederschreiben, wer sich da recht weit vorne tummelt. Hach, Dave, das ging in die Hose, doch Du hast Glück, denn bei einer Sache können sich Deine Foo Fighters sicher sein: Die Hörerschaft wird's verzeihen, wird darüber hinwegsehen wie über eine weihnachtsfeierliche Kindszeugung in der Besenkammer. Wo der Fan noch Gnade walten lässt gilt aber leider: Rock 'n' Roll verzeiht Dir nichts. Zumindest nicht, wenn nicht mittelfristig gutgemacht wird, was mit "Sonic highways" so dermaßen schief ging.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Something from nothing

Tracklist

  1. Something from nothing
  2. The feast and the famine
  3. Congregation
  4. What did I do? / God as my witness
  5. Outside
  6. In the clear
  7. Subterranean
  8. I am a river
Gesamtspielzeit: 42:14 min

Im Forum kommentieren

fakeboy

2022-03-28 18:03:24

Auf Youtube bin ich fündig geworden. Und tatsächlich: die Städte scheinen sich eher in den Texten bemerkbar zu machen. Ich muss zugeben, dass ich bei englischsprachiger Musik die Texte meist komplett ausblende...

fuzzmyass

2022-03-28 15:36:22

Ja, man hat es nur momentweise marginal gehört - bei D.C. z.B.... meist war es auch nur in den Lyrics... fand die Songs aber trotzdem größtenteils gelungen, auch wenn es 1-2 schwächere gab

Felix H

2022-03-28 14:57:37

Ging mir auch so wie fakeboy. Spannendes Konzept, aber die Songs selbst waren halt nur 08/15 Foo Fighters.

fakeboy

2022-03-28 14:55:09

Ich kenne das Album nur oberflächlich. Was mich immer irritiert hat: dass die Songs nicht nach den Städten klingen. Ich hätte erwartet, dass sich der Charakter der portraitierten Szenen mehr in der Musik widerspiegelt. Hört man nur die Songs käme man nicht auf die Idee, dass da ein Städte-Konzept dahinter steckt.

fuzzmyass

2022-03-28 14:48:29

finde das Album extrem unterbewertet bzw. zu Unrecht verpönt... die Doku war auch ganz nett damals... finde das gehört zu den eher gelungenen Experimenten der Band

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