Stars - No one is lost

ATO / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 31.10.2014
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Dürfen die das?

Die Verlockungen der Nacht waren seit jeher das Leitmotiv im Schaffen von Stars. Die kanadische Indie-Popband erzählte immer mit größter Lust und Finesse ebenjene Geschichten, die nach Einbruch der Dunkelheit in den Straßen anonymer Großstädte spielten, wobei es natürlich selten um nichtigere Themen als Liebe und Verderben ging. In diesem Sinne sind Stars das musikalische Pendant zu Filmen wie "Lost in translation" oder "Broken flowers", beide natürlich mit dem großen Bill Murray. Auch er ist ein Meister des Wandelns zwischen Melancholie und zarter Euphorie. Bestenfalls nach Einbruch der Dunkelheit. Nach dem eher schwachbrüstigen "The north" von 2012 finden Torquil Campbell, Amy Millan und Co. nun wieder einigermaßen zurück in die Spur und veröffentlichen mit "No one is lost" ein befreit wirkendes Nachtmusik-Album, dem man in jeder Sekunde den Spaß anhört, den die Verantwortlichen hinter den Kulissen haben mussten.

Zählt man das 2007er-Remix-Album "Do you trust your friends?" mit, ist "No one is lost" mittlerweile das achte Album der Band aus Kanada, wobei spitze Zungen behaupten, dass mit "In our bedroom after the war" bereits alles gesagt war. Und ja, im Vergleich zu den befreundeten Arcade Fire ist es Stars eben nicht gelungen, sich ständig neu zu erfinden, spannend und überraschend zu bleiben und dabei auch noch kommerziell den Sprung in die Indierock-Champions-League zu schaffen. Sei's drum. In ihrer Nische, irgendwo zwischen Indie-Kuschelrock und Synthie-Pop, haben sie es sich bequem gemacht, ohne aber gedankenverloren und innovationslos zu wirken. Alleine im Opener "From the night" stecken so viele guten Ideen, angefangen vom lässig tänzelnden Disco-Beat bis zur funkigen Gitarre, dass dem Hörer schwindelig werden kann. Im folgenden "This is the last time" übernimmt Amy Millan das Zepter, der Song selbst ist eine kurze, pointierte Gitarrenpop-Abhandlung, die nur kurz Anlauf nimmt, um dem Hörer dann um den Hals zu springen.

Auf "No one is lost" wirken Stars letztlich wie eine Band, die mit sich selbst wirklich im Reinen ist, lässig und gelassen, selbst ein Vergleich mit Sixpence None The Richer dürfte die Kanadier wohl kaum aus der Ruhe bringen. Das schwelgerische "No better place" würde prima auf ein Mixtape zwischen "Kiss me" und "To the moon and back" von Savage Garden passen, was man bitte als Kompliment verstehen soll. Stars zelebrieren ihre somnambule Pop-Seligkeit und laden auf diese Party also wirklich jeden ein, auch Tante Gisela und Onkel Jochen, die sonst zu später Stunde bevorzugt Formatradio hören. "Trap door" erfreut sich beispielsweise seines simplen, aber effektiven Refrains, der in Bauch, Beine und Po gleichermaßen geht. Und das abschließende "No one is lost" wird mit seiner Eurodance-Kompatibilität sicherlich die Geister scheiden. Dürfen die das? Und wenn ja: Darf ich das dann als geschmäcklerischer Indie-Oberhuber überhaupt noch gut finden? Wir meinen: Geht auf jeden Fall klar. Ist halt nur nichts für notorische Frühaufsteher.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • From the night
  • This is the last time
  • No better place

Tracklist

  1. From the night
  2. This is the last time
  3. You keep coming up
  4. Turn it up
  5. No better place
  6. What is to be done?
  7. Trap door
  8. Are you ok?
  9. The stranger
  10. Look away
  11. No one is lost
Gesamtspielzeit: 48:56 min

Im Forum kommentieren

Rote Arme Fraktion

2015-10-06 19:39:42

War heute nicht so sonnig.

revilo

2015-10-06 19:20:29

Sehr schöne Nachfolge EP Lost and Found.
Sollte man sunbedingt hören

lego

2014-10-29 18:08:33

im januar spielen sie extakt am gleichen tag wie die raveonettes in berlin. und auch wenn ich das bi nuu um einige ecken mehr mag als das lido, so werde ich vor allem, was die letzten outputs der beiden bands angeht, definitiv zu den raveonettes gehen.

Kai

2014-10-29 09:40:45

Mir gefällt das Album recht gut. Passt in die Entwicklung der Band.

Zum Thema oben: Stars jetzt schon 5 - 6 mal gesehen. Da sahen auch Amy und Torquil mal richtig scheiße aus und man dachte schon, lang wird es die Band nicht mehr geben...

Aber unfreundlich waren die dennoch nie. War auch eigentlich immer eine recht gute Show.

qwertz

2014-10-13 22:43:13

Vor zwei Jahren waren sie auch sehr zuvorkommend, mit vielen Ansagen zwischen den Songs, die spürbar von Herzen kamen. Sehr sympathische Truppe und überdies eine tolle Live-Band.

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