Lamb - Backspace unwind

Butler / Strata / H'art
VÖ: 10.10.2014
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Akzeptabel in den 90ern

Der Mann kümmert sich um die elektronischen Frickeleien, während die Emotionen ganz Frauensache bleiben. Dies ist nicht nur im bundesdeutschen Durchschnittshaushalt so, sondern auch beim englischen Duo Lamb, das einst bei der Erfindung des TripHop half. Bis heute die gewohnte Arbeitsteilung: Lou Rhodes steuert Texte und Stimme bei, Andy Barlow baut die elektronischen Soundgerüste. Ein Zusammenspiel, das in den 90er Jahren die einprägsamen Platten "Lamb" und "Fear of fours" hervorgebracht hatte. Nun standen die beiden vor einem Problem, mit dem auch Massive Attack oder Portishead umgehen mussten: Wie kann man diesen typischen Sound so modifizieren, dass er nicht wie ein Relikt aus der Vergangenheit klingt? Leider scheint von da an nicht mehr viel passiert zu sein, denn ein Befreiungsschlag von diesem einlullenden Sound ist auch diesmal nicht gelungen. Während sich Portishead immer weiter dachten und damit immer wichtiger wurden, verlassen sich Lamb auf das altbewährte Rezept.

Welcher der beiden Parts nun schuld an dieser Politik des Stehenbleibens ist, bleibt unklar: Barlows Produktion wirkt über weite Strecken unfrisch und ohne Inspiration, Rhodes wagt kaum Experimente mit den Vocals, beiden fehlen offenbar Gehör und Gefühl für die Jetztzeit. Für einen klassischen Sound reicht es einfach nicht, das immer gleiche Schema zu verfolgen, auch weil Rhodes sich zu sehr auf die Jazziness ihrer zweifelsohne schönen Stimme verlässt und Brüche unerwünscht scheinen. Dennoch gibt es auch Lichtblicke. Zum Beispiel in "Doves & ravens", wenn Lamb nach Kammer-Pop klingen und dank einer simplen Pianomelodie und des aufgerauten Gesangs alles funktioniert. Das liegt vor allem daran, dass nicht erneut die gleichgültigen Streicher-Samples im Hintergrund zu dick auftragen und Rhodes hier wie durch ein Telefon geschleust direkt und durchdringend klingt. Auch "Seven sails" zeigt sich in einem anderen Licht: Der Synthesizer hämmert und geht direkt ins Mark, der Bass wobbelt los, der Beat bricht immer wieder auf, die Dynamik ändert sich ständig. So könnte es doch gehen.

Doch leider bleibt die Band bis auf wenige Ausnahmen nicht auf diesem Pfad. Die wenigen guten Momente gehen neben Tracks wie dem Michael-Bublé-haften "Nobody else" unter. Ein Song, der höchstens als Soundtrack für einen James-Bond-Film mit Pierce Brosnan taugt, aus den guten 90ern, Ihr wisst schon. Stücke wie das fragil-feenhafte "Only our skin" wären hingegen besser beim Disney-Zeichentrick aufgehoben. Musik für verregnete Tage allein auf der Couch. Insgesamt legt sich Ideenlosigkeit wie ein grauer Schleier auf die gesamte Platte. Es genügt eben nicht, hier und da einen Synthiebass vibrieren zu lassen – natürlich muss nicht immer alles innovativ sein, doch ebensowenig bringt es etwas, sich so im Kreise zu drehen wie hier. Lamb setzen ihren musikalischen Weg fast schon stoisch fort, wobei das Duo schon vor langer Zeit stehengeblieben ist, statt weiterzugehen.

(Konstantin Maier)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • We fall in love
  • Seven sails
  • Doves & ravens

Tracklist

  1. In binary
  2. We fall in love
  3. As satellites go by
  4. Backspace unwind
  5. Shines like this
  6. What makes us human
  7. Nobody else
  8. Seven sails
  9. Doves & ravens
  10. Only our skin
Gesamtspielzeit: 44:52 min

Im Forum kommentieren

Watchful_Eye

2021-02-13 15:20:58

Es ging hier ja in letzter Zeit in mehreren Threads darum, dass gute Musik nicht immer "neu" oder "relevant" klingen muss.

Dazu passt auch dieses Album, was ich gerade zum zweiten Mal höre. Es wurde hier mit einer 5/10 rezensiert, was nach meiner Lesart hauptsächlich mit der Verwendung vermeintlich altbackener Sounds und Strukturen begründet wurde.

Ich hatte seit dem zweiten Album "Fear of Fours" nichts mehr von Lamb gehört und probierte es dann mit diesem hier, nachdem ich von anderer Seite überschwängliches Lob mitbekommen hatte.

Die Rezension behauptete, es klingt nach den 90ern - und das ist meines Erachtens schlicht falsch. Ich höre hier viele Sounds der 00er; Electropop á la The Knife "Silent Shout", Melodien á la Coldplay und Dubstep-artige Sounds.

Es war im Jahr 2014 also sicherlich nicht soundmäßig das aller-freshste, aber wirklich altmodisch klingt es auch nicht. Zugleich klingt es nicht wie die frühen Alben von Lamb, die ich gut kenne - da fand definitiv eine Weiterentwicklung statt.

Das Songwriting kann auch einiges, ist "tighter" als früher, und das Album findet eine gute Balance zwischen Geschlossenheit und Eklektizismus. Ich will noch keine Bewertung abgeben, aber das hat mich positiv überrascht und ist eindeutig auf der guten Seite. Checkt es aus. :)

Der Dude

2014-10-18 03:53:00

@Konstantin Maier (5/10):
"Leider scheint von da an nicht mehr viel passiert zu sein,..."

Ja, weißt du, das ist vielleicht Deine Meinung, Mann.

Wer mit "What Sound" und "5" offensichtlich nicht viel anfangen kann, scheint mir ungeeignet für eine Lamb Rezension.


Riesig

2014-10-16 21:14:19

Großartige und schöne Musik, wie immer.

Ätzend

2014-10-16 10:42:20

Dumme und peinliche Rezie.

Grottenrezi

2014-10-15 23:41:26

Konstantin Maier schreibt so, als ob es die "5" nie gegeben hätte!

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  • Lamb (32 Beiträge / Letzter am 10.03.2018 - 21:06 Uhr)