Ryan Adams - Ryan Adams

PAX-AM / Sony
VÖ: 05.09.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Cleaner Dreckspatz

Gesund ist er wie lange nicht, clean und ausgeruht. Zudem im fünften Jahr glücklich verheiratet mit der charmanten Mandy Moore. Das ist schön zu hören, denn zwischendurch konnte einem fast Angst und Bange werden um Ryan Adams. Drogen und Alkohol machten ihm ebenso zu schaffen, wie eine hartnäckige Ohrenkrankheit und andauernder Streit mit der Musikindustrie. Gerüchte, er würde nie mehr Musik machen, hielten sich beharrlich. Eine Sorge, die man nicht ernstnehmen musste – schließlich macht Adams nie das, was man über ihn sagt.

Nun also privates Glück und Wohlbefinden. Aber wie wirkt sich das auf sein Songwriting aus? Schließlich hat Adams seit seinem Solodebüt "Heartbreaker" aus dem Jahr 2000 den überwiegenden Teil seiner wundervollen Lieder aus seinem persönlichen Kummer geschält. Gleichsam babyspeckig wie selbstzerstörerisch und nur mit Akustikgitarre und Mundharmonika bewaffnet, machte er sich damals auf, die Höhen und Tiefen der menschlichen Seele zu ergründen. Seine Lektionen, Erfolge, Narben, sein Staunen und seinen Schmerz kann man auf seinen Platten nachhören, die wie ein sorgsam geführtes Tagebuch die Entwicklung des rebellischen Romantikers nahezu lückenlos dokumentieren.

Das neue, schlicht "Ryan Adams" betitelte Album (das 14. in 14 Jahren!) war eine schwere Geburt. Mit dem ersten Ergebnis, das ihn rund 100.000 Dollar kostete und das in Zusammenarbeit mit Glyn Johns entstand, der auch schon den Vorgänger "Ashes & fire" produzierte, war Adams ganz und gar nicht zufrieden. "Langweiliger Erwachsenenkram" sei das geworden. Und darüber sei er ja schließlich hinweg. Der 39-Jährige vernichtete das Material, schrieb neues. 75 Songs sind so entstanden, elf Stück davon schafften es schließlich auf die Platte. Was sofort auffällt: Die neuen Songs strotzen – im Gegensatz zum zwar überwiegend schönen, aber teilweise auch etwas kraftlosen Vorgänger – wieder vor Energie. Adams kribbelt es offenbar in den Fingern. Alle Gitarrenspuren hat er selbst eingespielt. Ausnahmen sind zwei Songs, auf denen auch Johnny Depp den Sechssaiter bedient. Zur Band gehören außerdem erneut der Heartbreaker Benmont Tench, Mike Viola, Jeremy Stacey sowie erstmals die wundervolle Tal Wilkenfeld am Bass. Der Sound ist Classic-Rock, das Tempo gedrosselt, die Atmosphäre schwarz. Die Songs klingen, als seien sie um Mitternacht eingespielt worden, nach dem Genuss mehrerer Gallonen schweren Rotweins.

Los geht es mit "Gimme something good", der Vorab-Single, die den Ton der Platte gut vorweg nimmt. Es folgt mit "Kim" eine der Perlen des Albums – ein traurig-wütender Klagegesang in drei Akkorden über den Verlust einer großen Liebe an einen anderen Mann. Adams singt mit dieser Stimmte, die noch immer Knie und Herzen erweicht. Seine Verzweiflung entlädt sich in einem dreckigen Gitarrensolo, das eine neue Qualität in seinem Fingerspiel verrät und an Neil Young erinnert. Gut ist auch "My wrecking ball", das sich brav in die lange Liste gefühlvoller Adams-Kompositionen einreiht. Ebenfalls toll ist "Shadows", das finster und besonders sehnsuchtsvoll ist. Ehefrau Mandy Moore ist auch zu hören, sie steuert auf dem treibenden "Trouble" und dem sanfteren "Am I safe" geschmackvolle Backing-Vocals bei.

Die neue Platte ist keine leise geworden, sie ist aber pickepackevoll mit stillen Zwischentönen. Sie klingt erwachsen, aber nicht satt. Sie hat garstige Kanten, lädt aber zum Anschmiegen ein. Sie ist typisch Adams, zeigt aber auch eine neue Seite. "Ein Songwriter verändert seinen Stil, Stile ändern sich, das Leben ändert sich, die Energie auf der Welt ändert sich, nichts in diesem Kosmos ist statisch", sagt der Sänger aus North Caroline. Ob den Leuten sein neuer Sound gefalle, sei ihm egal. Inzwischen sei er zu alt, um sich über so etwas Gedanken machen zu müssen. Und das ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis von allen: Adams hat noch immer Chuzpe. Er ist zwar clean, aber wühlt immer noch im Dreck. Und auch wenn es diesmal noch nicht soweit ist – man muss ihm immer noch ein Meisterwerk zutrauen.

(Sebastian Meißner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Kim
  • My wrecking ball
  • Shadows

Tracklist

  1. Gimme something good
  2. Kim
  3. Trouble
  4. Am i safe
  5. My wrecking ball
  6. Stay with me
  7. Shadows
  8. Feels like fire
  9. I just might
  10. Tired of giving up
  11. Let go
Gesamtspielzeit: 43:33 min

Im Forum kommentieren

heartbreaker

2015-01-25 02:00:58

das war klar: mandy moore und ryan adams lassen sich nach 6 jahren scheiden! dachte mir schon damals, dass das nicht lange halten würde (ähnlich wie bei jennifer aston und diesem softie-songwriter, dessen namen ich vergaß)...

wird das adams' kreative phase nur noch weiter befeuern- was meint ihr?

Pepe

2014-09-30 19:39:32

Hat mich jetzt positiv überrascht: nichts überragendes, aber einfach durchgängig gut. Meiner Meinung nach seine beste CD seit langer Zeit. Mich hat es gepackt und deshalb von mir 7.5/10.

revilo

2014-09-30 15:52:41

Habe gar nichts mit Ryan Adams zu tun. ISt glaube ich erst die 2. Cd die ich von ihm höre, aber sie gefällt mir sehr gut.

Pitchie

2014-09-15 17:24:48

(6.0)

Chris Martin

2014-09-15 12:59:41

Danke, kidd!

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