Phillip Boa & The Voodooclub - Bleach house

Cargo
VÖ: 22.08.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Fortschritt durch Rückschritt

"Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen", hat Helmut Schmidt einst vorgeschlagen. Phillip Boa ist dieser Empfehlung gefolgt, lässt "Bleach house" vermuten. Denn das mittlerweile 20. Werk des gebürtigen Dortmunders kommt so strunzkonservativ daher, dass es vom Status "visionär" ungefähr so weit entfernt ist wie der Oberarm des ehemaligen Kanzlers der Republik von einem Nikotinpflaster. Phillip Boa & The Voodooclub genügen sich anno 2014 in rückwärtsgewandter Selbstreferenzierung. Schlimm ist das indes nicht, wenn die eigene Vergangenheit ausreichend Material hergibt, was im Falle Boa zweifellos der Fall ist. Doch wer die (inklusive Bonustracks) 16 Lieder tatsächlich noch atemberaubend findet, der sollte sich auf einen verschleppten Husten untersuchen lassen.

Eine solche "Werkschau" mit einem Titel namens "Kill the future" zu eröffnen, ist da nur konsequent. Und diese Zeile in ein rumpelndes Punkrock-Gewand zu kleiden, auch. Doch neben dem ewigjungen Stinkefinger-Gestus, der mehr oder weniger interessante Wiederholungen in "Snake Plissken", "Icons of anarchy" und "Ueberblendung" erfährt, sind Boa auch wieder einige äußerst flauschige Melodien eingefallen. "Standing blinded on the rooftops", "Chronicles of the heartbroken" und "Are you the one from Heaven" sind simple, zugängliche Meisterwerke der Melancholie. Der Rest ist eben Boa: Alternative-Rock für die Indie-Disco, in denen der jeweils neueste Hype ebenso beharrlich ignoriert wird wie seltsame Biermischgetränke. Kaum merkliche Auswirkungen hat der erneute – und diesmal wohl endgültige – Verlust von Zweitstimme Pia Lund, die aus Altersgründen(!) nicht mehr auf die Bühne wollte. Den weiblichen Gesangspart hat eine Künstlerin namens Pris übernommen, über deren genaue Identität der Meister geheimnisvoll schweigt.

Im Kontext der musikalischen Experimentierunlust ist auch die liebevolle Gestaltung des Artworks folgerichtig: "Ein Album ist die letzte Bastion der musikalisch Andersdenkenden, der letzten Zweifler, ein ästhetisches, komplexes, zeitloses, schillerndes Konstrukt", erklärt sich der im Zeitalter der CD populär gewordene Boa selbst zum Bewahrer des ganzheitlichen Musikerlebnisses. Was für Begeisterung bei jenen sorgte, die zu Recht bedauern, dass sich Digitales nicht anfassen lässt: Eine auf 2000 Exemplare limitierte, mit reichlich zusätzlichen Tracks veredelte Sammlerbox des Albums war bereits unmittelbar nach ihrem Erscheinen vergriffen. Was dem Künstler Recht gibt in seinem Vertrauen auf Altbewährtes. Dass er sich noch einmal völlig neu erfindet, durfte ohnehin nicht erwartet und muss auch nicht verteidigt werden: Phillip Boa hat schließlich immerhin Phillip Boa erfunden. Das reicht allemal für ein Leben!

(Andreas Beckschäfer)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Standing blinded on the rooftops
  • Baby please go home
  • Are you the one from Heaven

Tracklist

  1. Kill the future
  2. The one who howls at the moon
  3. Bleach house
  4. Standing blinded on the rooftops
  5. Baby please go home
  6. Beatsey youth
  7. Are you the one from Heaven
  8. Snake Plissken
  9. The fear that falls
  10. Ueberblendung
  11. Chronicles of the heartbroken
  12. Down with the protocols
  13. Icons of anarchy
  14. 6am in a capital (Bonus track)
  15. Capping (Bonus track)
  16. Ancedonia (Bonus track)
Gesamtspielzeit: 46:45 min

Im Forum kommentieren

Lichtgestalt

2014-09-10 20:42:50

Also ist schon eine starke 8/10, feines Album.

PR galore

2014-09-07 15:36:55

Wahnsiinnig inovative scheibe. kaufen kaufen kaufen!!!!!!!!!!!!

Containerlover

2014-09-06 19:54:20

Yeah, alle Seiten Boas werden auf dieser Scheibe kredenzt. Das macht immer noch Spaß. Überraschenderweise. Dem "Arschloch" sei Dank. :)

laut.de

2014-09-02 13:22:33

Kubanke ist halt großer Boa-Fan.
Kein Wunder, dass so eine Lobeshymne rauskommt.

Kein Dr.

2014-09-02 12:18:38

Nee, das heißt Platz 7 in den Album Charts !

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum