Honig - It's not a hummingbird, it's your father's ghost

Haldern Pop / Rough Trade
VÖ: 22.08.2014
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Weit weit weg

Name: Stefan Honig. Alter: 35. Beruf: Erzieher: Wohnort: Düsseldorf. Das sind die Rahmendaten des Herren, der mit seiner Band Honig nunmehr sein drittes Album vorlegt. Und es sind Angaben, die mit ihrer Gewöhnlichkeit so gar nicht passen wollen zu dem, was aus den Boxen schallt, wenn man "It's not a hummingbird, it's your father's ghost" auflegt.

Denn das Album ist ganz und gar nicht gewöhnlich. Schon das kurze und solo vorgetragene Albumintro "Leave me now" klingt nach großem Sehnsuchtsfolk. Nach internationaler Karriere. Nach bombastischem Sound für die große Bühne. Hier ist bereits alles drin, was Honig ausmacht: einprägsame Melodien, gefühlvoller Gesang, liebevoll ausgetüftelte Arrangements. Ein Versprechen, das auch die meisten der zehn folgenden Songs mühelos halten können. "Dear liar" mit seiner farbenfrohen Mandolinen-Hook setzt direkt die nächsten Nadelstiche. Das folgende "Lemon law" ist der verspielteste Song der ganzen Platte, ein Stop-and-Go-Ritt mit Chorgesang und raffinierten Akzentuierungen. Im Laufe der Platte setzt die Band Flügelhorn, Rhodes, Glockenspiel, Cello und Violine ein. Und warum sich Addi 800 (u.a. Björk und Sigur Rós), der für den Mix verantwortlich ist, in die Stimme des Sängers verliebt hat, wird besonders gut in den ruhigeren Stücken wie "Feathers" und "Overboard" nachvollziehbar, in denen Honig seine persönlichen Texte mal kneipenheiser, mal lammzahm vorträgt. Glaubwürdig ist das, kraft- und bedeutungsvoll. Trostspendend. Und grundsympathisch.

Nicht alle Stücke halten das ganz hohe Niveau. "Peaches" und "A boy" zum Beispiel sind zu unentschlossen und zu unausgereift, um als Glanzpunkte durchzugehen. Doch der positive Gesamteindruck überwiegt eindeutig. Hier läuft zwar nicht das beste deutsche Album des Jahres, aber allemal ein bemerkenswertes. Mit "Golden circle", einer eindringlich vorgetragenen Uptempo-Hymne auf die Kraft der Musik, ist sogar ein veritabler Hit vertreten, der sowohl Mumford-&-Sons-Anhänger als auch genrefremde Hörer überzeugen wird. "The songs that we sing, they turn our arms into wings / We'll meet again in this golden circle we're in", singt die Band im Kollektiv – live in der Regel eingekreist von ihrem Publikum – und mit einer Überzeugung, die man sonst nur von der brasilianischen Fußball-Nationalmannschaft rund um ihre Spiele kennt. Wenn sie nicht gerade mit 1:7 verliert.

Der goldene Zirkel ist auch eine beliebte Reiseroute in Süd-Island, die in Reykjavik ihren Ursprung nimmt – jener Stadt, in der das Album final gemixt wurde. Honig sind viel unterwegs gewesen in den letzten Monaten, waren unter anderem auf Tour in China und Großbritannien. 300 Konzerte in zwei Jahren haben sie gespielt. Die Songs dieser Platte sind in dieser Zeit entstanden, inspiriert von der Freiheit und der Wehmut, die nur Reisende befällt, die fernab der Heimat sich selbst ausgesetzt sind. Und noch etwas anderes ist entstanden: ein eingespielter Haufen mit einem eigenen Sound und einer großen Vision. Manchmal muss man sich eben auf den Weg machen, um zu Hause anzukommen.

(Sebastian Meißner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Lemon law
  • Overboard
  • Golden circle

Tracklist

  1. Leave me now
  2. Dear liar
  3. Lemon law
  4. Overboard
  5. Swimming lessons
  6. Red stains
  7. Peaches
  8. Feathers
  9. Golden circle
  10. A boy
  11. We are alone in this together
Gesamtspielzeit: 47:04 min

Im Forum kommentieren

Christiano

2014-08-19 18:21:30

Mich wundert das Verhältnis von innerhalt der Rezension und Bewertung auch sehr. Bin gespannt auf das Album.

René

2014-08-18 20:35:08

Bei 0 Kritikpunkten nur 6/10?

Armin

2014-08-18 19:16:39

Frisch rezensiert! Meinungen?

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