Amen Dunes - Love

Sacred Bones / Cargo
VÖ: 09.05.2014
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Herzschlag

Plakativ gesprochen: Die Liebe ist manchmal ein Arsch. Klar, ganz oft ist sie echt toll und gut und beflügelnd und so. Aber manchmal macht sie, was sie will – und nicht, was sie soll. Befördert sie den Verliebten manchmal mit 180 Stundenkilometern in höhere Sphären, verfrachtet sie ihn nur Augenblicke später in die tiefsten Abgründe des Verderbens. Die Liebe ist nicht immer glatt, manchmal sogar richtiggehend rau und rissig. Sie ist treu, oder zumindest loyal, jedenfalls sollte sie das sein, und selbst, wenn man gar nicht mehr lieben will, tut man es trotzdem, und das ist oft das Schlimmste an ihr. "Love", das dritte Studioalbum von Amen Dunes, könnte kaum passender betitelt sein, hört man sich die darauf enthaltenen elf Stücke erstmal an.

Damon McMahon, der Kopf hinter Amen Dunes, weiß das – es kann unmöglich einfach nur glückliche Fügung gewesen sein, dass er sein neues Werk so benannt hat. "Love" ist ehrlich, ohne schroff zu sein, es kratzt hier und da und ist trotzdem weich. Obwohl die Stücke allesamt ein gewisses Demo-Feeling verbreiten, könnten sie kaum besser ausgestaltet sein, der Lo-Fi-Anteil gehört ebenso dazu wie der so weit entfernte wie nahe Hall, der Sixties-Vibe und die Freak-Folk-Anleihen. "Love" ist wie die Liebe: Mal schlägt das Herz deswegen schneller, mal setzt es ganz aus – McMahon braucht dafür gerade mal 28 Sekunden. So lange dauert es, bis seine Stimme im Opener "White child" zum ersten Mal ertönt, ein bisschen klingt sie hier wie Fleet Foxes' Robin Pecknold. Durch Mark und Bein geht sie, langsam gesellen sich immer mehr Musiker zur Gitarre, und zum Schluss, wenn der Sound ungleich voller als noch zu Beginn ist, fängt das geschundene Herz im Brustkorb wieder an zu schlagen.

Nach und nach wird auch klar, dass "Love" mehr ist als nur ein Album über die Liebe. Es geht um Selbstfindung, Reflektion, das Einsehen früherer Fehler und die Planung für die Zukunft. Anders als auf den beiden sperrigeren, experimentelleren Vorgängern "DIA" und "Through donkey jaw" ist sich McMahon hier trotz aller Intimität seines Publikums bewusst, und es ist genau diese Wahrnehmung seines Umfelds, die den Songs zu Substanz verhilft. So ist die repetitive Launenhaftigkeit von "Lilac in hand" oder auch "Splits are parted" vor allem wegen ihres Minimalismus so bewegend, und die Zeilen "Oh, I could love you / I could make it easy" sind ungeachtet ihrer Komplexität ebenso schlicht wie wahr. Oder zumindest nachvollziehbar.

Dass unter anderem ausgerechnet Dave Bryant und Efrim Menuck (beide Godspeed You! Black Emperor) an der Produktion beteiligt waren, hört man dem Album zugegebenerweise nicht wirklich an. Und auch Elias Bender Ronnenfelt klingt bei Iceage ganz anders als auf dem von ihm unterstützten Entspannungs-Folk von "Lonely Richard". Lärmender und verschwommener wird es im von einem anderen Stern kommenden "I can't dig it", geradezu poppig hingegen in der 70er-Jahre-Ode "I know myself". Bei "Green eyes" gibt es kurz vor Schluss noch ein Wiedersehen mit Ronnenfelt, das diesmal jedoch weitaus düsterer ausfällt, bis sich der achtminütige Titeltrack ganz zum Schluss nur mit der Liebe befasst und ihre Bedeutung in wenigen, einfachen Worten zusammenfasst – die wir hier nicht wiederholen werden. Nur so viel sei verraten: Die Liebe weiß man erst zu schätzen, wenn sie weg ist. Und "Love" am Ende angekommen ist.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Lonely Richard
  • I know myself
  • Green eyes
  • I can't dig it

Tracklist

  1. White child
  2. Lonely Richard
  3. Splits are parted
  4. Sixteen
  5. Lilac in hand
  6. Rocket flare
  7. I know myself
  8. Everybody is crazy
  9. Green eyes
  10. I can't dig it
  11. Love
Gesamtspielzeit: 49:03 min

Im Forum kommentieren

Der Untergeher

2021-05-19 22:20:45

Ich mag das Album immer noch sehr, auch fünf Jahre später. Der Nachfolger war gut, aber das hier bleibt McMahons Opus Magnum.

Der Untergeher

2016-01-29 12:23:11

Das Album hat kein bisschen an Intensität eingebüßt. Immer noch ein unterschätztes Juwel. Ich hoffe da kommt bald mal was neues.

namenslos

2015-05-19 00:30:03

Was für ein starkes Album! Gerade wieder gehört und wieder vollkommen geflasht. Ich hatte total vergessen wie fantastisch dieses Album ist. Das Album hätte echt mehr, bzw. hat mehr Aufmerksamkeit verdient. 9/10

saihttam

2015-02-19 02:59:09

Ein faszinierendes Album. Hat einen recht verschrobenen, eigenständigen Sound, der es aber dennoch schafft mitzureißen. Meine Highlights sind die Songs 5-7. Danach fällt es etwas ab. Die Kollaboration mit Elias Bender Rønnenfelt hätte ich nicht unbedingt gebraucht. Ich finde, die Stimme von Damon McMahon ist ausdrucksstark genug, um den Song alleine zu tragen. Dennoch ganz nett. Der letzte Song ist dann auch wieder toll mit seinem stoischen Pianomotiv. Guter Tipp hier jedenfalls aus dem Forum!

humbert humbert

2014-12-11 19:34:01

Mr. Dunes bringt ene Januar eine EP heraus. Ein Song kann man hier anhören.

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