Vallenfyre - Splinters

Century Media / Universal
VÖ: 09.05.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

50 shades of black

2009 ist für Greg Mackintosh ein Jahr, das für immer einen Wendepunkt in seinem Leben und seiner Karriere darstellen wird. Denn 2009 ist das Jahr, in dem der Paradise-Lost-Gitarrist seinen Vater an den Krebs verliert. Und Mackintosh ist zunächst nicht imstande, diese Trauer in den Griff zu bekommen. Erst ein Therapeut rät ihm, die Emotionen mit Hilfe der Musik zu verarbeiten. Das Ergebnis: Mackintosh trommelt ein paar Freunde zusammen und legt 2011 unter dem Namen Vallenfyre mit "A fragile king" ein Album vor, dessen Eruptionen aus Death Metal, Crust-Punk, Grindcore und Doom pure Katharsis sind. Womit allerdings wohl niemand rechnete, ist der Umstand, dass dieses Projekt, mit dem Mackintosh zu seinen musikalischen Wurzeln zurückkehrte, plötzlich eine Eigendynamik entwickeln sollte – Kritikerlob, Fan-Enthusiasmus, Tour, das volle Programm.

Insoweit ist es nicht mehr wirklich überraschend, dass Mackintosh Blut geleckt hat und mit "Splinters" den Weg von der Selbstreinigung zu einer eigenen Bandidentität gehen will. Um es vorwegzunehmen: Das gelingt dem Engländer auf eindrucksvolle Weise. So beginnt "Scabs" nach einem alles niederwalzenden Doom-Intro, ergänzt durch die singenden Gitarrenlicks, mit denen Mackintosh seiner Hauptband ihren charakteristischen Stempel aufdrückte, nur um in den Strophen in fulminante Death-Rasereien zu münden. Und so stark das Debütalbum auch war – alleine das nahtlos folgende "Bereft" bietet mehr Variabilität als der komplette Erstling zusammen. Was für eine Wucht, was für ein Druck. In den doomigen Passagen eine einzige Hommage an Celtic Frost, aber immer wieder zerrissen durch wütende Ausbrüche, die an das Ungestüme der schwedischen Death-Metal-Frühzeit erinnern.

Überhaupt, die Variabilität – hier ist mit Sicherheit der größte Fortschritt gegenüber dem über weite Strecken kompromisslos heruntergeprügelten Debüt zu verzeichnen. Natürlich wissen Vallenfyre nach wie vor das Gaspedal mit Wucht nach unten durchzutreten, wie das hemmungslose Grindcore-Massaker "Instinct slaughter" oder das schwarzmetallische "Odious bliss" unter Beweis stellen. Aber die ganz großen Momente sind diejenigen, in denen durch gezielte Tempoverzögerung die Intensität geradezu unmenschlich düstere Ausmaße annimmt. Inbesondere "Aghast" ist eine zähe, aber beständig alles überrollende Lavamasse, ein Moment schierer Hoffnungslosigkeit, verstärkt durch abgrundtiefe Growls und beeindruckend druckvolle Produktion: "Hoar frost / An endless winter / The sun sets ablaze / Seasons of mist / Dashed on the shores of doom".

Zu konstatieren, Mackintosh sei als Songschreiber gereift, klingt angesichts der nahezu 25 Jahre andauernden Karriere mit Paradise Lost natürlich reichlich bizarr. Wahr ist allerdings, dass Vallenfyre wie eingangs angedeutet mit "Splinters" vom Therapieprojekt zu einer "richtigen" Band gewachsen sind – schroff wie der seinerzeit so nett "Elchtod" genannte Death Metal der Göteborger Schule, atmosphärisch dicht wie die bösartigen Werke von Celtic Frost und depressiv-hoffnungslos wie die frühen Alben von Paradise Lost oder My Dying Bride. Ob das auf die zukünftige Ausrichtung von Mackintoshs Hauptband Rückschlüsse zulässt, sei dahingestellt – Fakt ist jedoch, dass Vallenfyre mit "Splinters" endgültig zu den Großen der Zunft zu zählen sind.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Bereft
  • Aghast
  • Splinters

Tracklist

  1. Scabs
  2. Bereft
  3. Instinct slaughter
  4. Odious bliss
  5. Savages arise
  6. Aghast
  7. The wolves of sin
  8. Cattle
  9. Dragged to Gehenna
  10. Thirst for extinction
  11. Splinters
Gesamtspielzeit: 43:17 min

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