Ought - More than any other day
Constellation / CargoVÖ: 25.04.2014
Bordsteinblüten
Montreal, Provinz Québec, Kanada. Die Stadt, in der die Bordsteine erst früh am Morgen nach oben geklappt werden – wenn überhaupt. Dort, wo sich Kunst, Musik und Theater schaffende Kanadier, Amerikaner und Franzosen mitunter am liebsten tummeln. Dort, wo in mittlerer bis jüngster Vergangenheit nicht nur Céline Dion, Leonard Cohen oder Arcade Fire, sondern auch etliche andere ihrer Karriere Beine machten. Genau dort, wo die Szene schwelt, lohnt es sich immer, mit offenen Augen und Ohren durch die Clubs zu laufen. Warum? Weil einem ansonsten etwa Ought – diese noch unentdeckten, aber durchaus entdeckenswerten Bengel – womöglich entgehen würden.
Frei nach ihrem selbst auferlegten Motto "Everyone’s in the band" knarzen die Mannen um Vokalist Tim Beeler erst seit gerade einmal gut zwei Jahren um die Wette und dokumentieren ihre Erlebnisse dabei hin und wieder im äußerst treffend "Blo(u)g(t)" getauften Webtagebuch. Thematisch kommen Ought aus einer Studenten-Protestbewegung, positionieren sich klar in der linken Ecke und zeigen dabei dennoch gern ihre spaßige Ader. Aktueller Facebook-Status und wohl auch Arbeitstitel dieser Platte: "Now with guitars!" Herrlich juvenil irgendwie. Und von ähnlichem Schlag ist dann auch ihr Debütalbum. Doch nicht nur das. "More than any other day" ist Post-Punk der beachtlichen Sorte. Wobei Ought so gar nicht mit der Tür in die Ohrmuschel fallen. In fast sechs Minuten mäandert der Opener "Pleasant heart" zwischen markantem Riff und elegischen, ruhigen Passagen, bevor die Gitarre dann doch noch richtig zupackt und Beeler sich gegen Schluss um Kopf und Kragen fleht. Da braucht er zu Beginn des Titelsongs gleich einmal eine Pause – aber nur, um sich dann in Eddie-Argos-Manier in Fahrt zu reden, mit einem lauten "Let’s go!" den ersten Hit dieser Platte auszurufen und den Proberaum dabei in Schutt und Asche zu legen.
Das einnehmende "Habit", bei Pitchfork schon mit dem Stempel "Best new track" gebrandmarkt, baut sich ebenfalls behutsam auf, bohrt sich aber spätestens mit dem noisigen Schlussteil in die Hirnwindungen. Nanu? Schon wieder über sechs Minuten? Mit Ausnahme der flott zuckenden Single "The weather song", die sich mit gut viereinhalb Minuten zufriedengibt, können Ought kaum anders. Doch jeder dieser schrammelig-schönen Brocken ist zugleich auch ein Kleinod in sich. Spätestens wenn die vier Jungspunde dann auch noch ein Keyboard hinzuziehen, um das Album mit "Gemini" ohne Hall, aber mit Nachdruck zu beenden, ist klar: Diese Band reizt beinahe alle Spielräume aus, die das Genre hergibt, ohne dabei allzu künstlerisch-affektiert oder überladen zu wirken. Nein, Ought sind nicht zu 100 Prozent auf Straßenschlacht aus. Sondern mal forsch, mal taktierend. Und damit ein neues, schräges und im positiven Sinne dreckiges Versatzstück im musikalischen Asphalt Montreals. Also schön am Bordstein verharren – die Nase immer nah am Pflaster.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Today, more than any other day
- Habit
- The weather song
Tracklist
- Pleasant heart
- Today, more than any other day
- Habit
- The weather song
- Forgiveness
- Around again
- Clarity!
- Gemini
Im Forum kommentieren
noise
2015-06-22 23:00:27
Na, toll da hätte ich fast ne tolle Combo verpasst, wenn nicht ein Kumpel mir die Scheibe letztens empfohlen hätte.
Kann mich den überwiegend positiven Meinungen hier nur anschließen. Schöne schrammlige Musik. Wobei ich den genauen Stil auch nicht definieren kann. Ist aber auch egal.
Kevin
2015-01-25 19:18:26
Spielen beim Dockville.
Dieses Jahr muss man förmlich zum Dockville, das Lineup wird richtig stark.
(Vor allem im Vergleich zum Vorjahr.)
Schneckenhengst
2015-01-22 17:23:39
Es kommen noch daten dazu. Zumindest das NOS Primavera.
Herder
2015-01-22 17:18:24
@Schneckenhengst: Stimmt, ist hübsch und beschaulich dort...
Herder
2015-01-22 17:16:14
Denn letzten Satz im vorherigen Posting wollte ich eigentich als Frage verstanden wissen...
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