The Afghan Whigs - Do to the beast

Sub Pop / Cargo
VÖ: 11.04.2014
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Diese schrecklichen, haarigen Biester

Greg Dulli hat es nicht leicht. Will er aber vielleicht auch gar nicht. Denn irgendwie mag er es ja auch irgendwie, das Tier in ihm, das ihn quält, oder genauer: ihn und diverse besungene Lieb- und Leidenschaften. Immerhin werden die Abstände, in denen er seine Qualen an den Mann bringt, länger: drei Jahre seit dem letzen Twilight-Singers-Album, ganze 16 Jahre seit der letzten regulären Afghan Whigs-Platte auf Sub Pop. "Gentlemen", das definierende Album der Band, wird gar 20 dieses Jahr. Sieht aus, als hätten Dullis Biester eine Menge Leben.

Die Musik ist eigentlich wie immer. Oder anders gefragt: Wo ist da eigentlich der Unterschied zu Dullis Solo- und Nebenprojekten? Gut, die meisten der alten Kollegen geben sich ein Stelldichein, Gitarrist Rick McCollum allerdings nicht. Und die Produktion fällt ein bisschen großzügiger aus als bei Dulli Solo, hier mal ein paar Streicher, da eine versteckte Trompete. Ansonsten gibt es die zu erwartenden schnelleren Stücke, die wenig überraschend nicht mehr wie frisch aus der Blütezeit des Grunge klingen, und die ebenso zu erwartenden langsameren, souligeren Stücke. Noch am ungewöhnlichsten erscheint diesmal der etwas angegriffen wirkende Gesang Dullis, der öfter ungewöhnlich hohe Lagen erreicht – nicht nur da, wo ein Überschlagen das Hinausschlagen über die Stränge anzeigt, die Nähe zum Wahnsinn. Als musikalisches Mittel ist das Falsett in den letzten Jahren ja sehr in Mode, nur: Nicht jedes Mittel wird von einem Zweck geheiligt.

Dem Biest geht es in "Parked outside" nicht gut: Von Unruhe getrieben, als würde das auf dem Titel abgebildete Koks durch die Adern pulsen, wird es gezwungen, eingesperrt zu warten, bis der Zusammenbruch kommt. Dagegen nutzt "Matamoros" schnelle Akkordfolgen und Tempowechsel, um Rastlosigkeit in positive Energie umzusetzen. "It kills" klingt nach Chill-out in Angesicht des drohenden Katers: Dulli und Co suhlen sich wohlig in der mit Klavier und Geigen verkleisterten Ballade, die wie ein zu Recht nicht genommenes Überbleibsel von alten Aufnahmen aus "1965"- und "Black love"-Zeiten wirkt.

"Algiers" ist ein zentrales, aber auch problematisches Stück: So nachdenklich und entspannt es mit seiner Akustikgitarre und den Kastagnetten daherkommt, hört sich der Song doch an, als würden sich die Afghan Whigs altersgemäß in Richtung Altherren-Rock entwickeln. Auch dem monotonen Klavieranschlag in "Lost in the woods" kann man nur mit viel Mühe etwas Interessantes abgewinnen, unentschlossen pendelt der Song zwischen leichter und düsterer Stimmung. Zum Glück lüftet "The lottery" dann mal wieder mit einem fast klassischem Afghan-Whigs-Stück durch, bevor der Hörer auf die Idee kommt, doch lieber eines der alten Alben aufzulegen. Nach einem weiteren langsamen Stück ist "Royal cream" nochmal eine klassische Rocknummer. "I am fire" ist sehr leicht und eigentlich ruhig, wobei der ungewöhnliche Rhythmus dafür sorgt, dass es im Ohr hängen bleibt.

Mit "Do to the beast" tun Dulli und Konsorten dem guten Ruf der Afghan Whigs keinen großen Gefallen, richtig rufschädigend wird es allerdings auch nicht. Das Album wirkt weder locker und entspannt noch verzweifelt genug, um einen tiefen Eindruck zu hinterlassen. Vielleicht sollte Dulli mal bei Herman Melvilles "Moby Dick" nachsehen: Wie schon Captain Ahab wusste, ist Biester zu jagen eine Lebensaufgabe, die man nicht halbherzig angehen sollte.

(Holger Schauer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Matamoros
  • The lottery
  • I am fire

Tracklist

  1. Parked outside
  2. Matamoros
  3. It kills
  4. Algiers
  5. Lost in the woods
  6. The lottery
  7. Can Rova
  8. Royal cream
  9. I am fire
  10. These sticks
Gesamtspielzeit: 40:50 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2024-04-17 21:31:06

So ein tolles Album. "Algiers" und "The lottery" sind echt zum Niederknien, vieles vom Rest auch. Der Closer auch perferkter Abschluss.

VelvetCell

2019-07-22 22:27:27

Nach der Reunion besser? Eine gewagte Aussage! Gentlemen und Black Love sind Höchstwertungen. Congregation und 1965 kratzen dran. Danach für mich zwischen 7 und 8.

The MACHINA of God

2019-07-20 19:28:27

Eine der wenigen Bands die ich nach einer Reunion besser finde als vorher. Besonders das Album hier ist immer noch erstklassig.

The MACHINA of God

2017-08-24 23:23:38

Die Rezi ist immer noch ein Witz. Die 8/10 ist inzwischen sowas von fest.

The MACHINA of God

2017-06-19 12:04:43

Ein Grower sonders gleichen. Bei mir wachsen manche Songs immer noch. "Lost in the woods" z.B. Ein absolutes Klaasse-Album. Inzwischen 8,5/10

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