Angel Olsen - Burn your fire for no witness
Jagjaguwar / CargoVÖ: 14.02.2014
Keine Diskussion
Böse Zungen behaupten ja gern, dass das schon seit Jahren nicht mehr möglich sei, aber im Plattentests.de-Forum geht es tatsächlich ständig auch um Musik. Fakt ist, dass es vor kurzem eine Diskussion gab, die das Album "Burn your fire for no witness" von Angel Olsen betraf. Ein ansonsten immer topinformierter User gab seine Meinung dazu preis: "Leider langweilig", so sein fachmännisches Urteil, weil Olsens zwar ganz hübsche Stimme nicht über die Defizite bezüglich Songwriting und Arrangements hinweghelfen könne. Daraufhin meldete sich ein anderer User und gab zu, dass er sich schwer tue, hier diese beiden Aspekte wirklich zu bewerten, ihm das bisher Gehörte jedoch offenbar gefiele.
Eine interessante Frage stellt sich dementsprechend sofort: Nach welchen Kriterien sollte "Burn your fire for no witness" denn nun bewertet werden? Und wer entscheidet, was "gutes" oder "schlechtes" Songwriting wirklich bedeutet, und sind die Arrangements bei Angel Olsen, wie bei vielen anderen Lo-Fi-Künstlern, nicht sogar bewusst zurückhaltend, kratzig und stellenweise sogar schwer zugänglich aufgebaut? Zugegeben, so offen und folkig, wie sich die Sängerin aus Missouri noch 2012 auf dem Vorgänger "Half way home" präsentierte, ist sie hier nicht mehr. Will sie auch gar nicht, wenn man sich den demoartigen Opener "Unfucktheworld" anhört, auf dem Olsen die Hingabe eines Menschen zu einem anderen als Mangel an Selbstbewusstsein bezeichnet: "I am the only one now." Ist angekommen.
So cool, wie sie da tut, ist sie natürlich gar nicht, oder zumindest nicht immer. Schon etwas weniger widerspenstig und garstig klingt sie etwa im deutlich hoffnungsvolleren "Lights out", und findet hier sogar die richtigen Worte für jemanden, der schon längst am Boden ist: "Just when you thought you would turn all your lights out it shines / Some days all you need is one good thought strong in your mind." Kurz darauf bricht schließlich ein kleines euphorisches Feuerwerk aus – das tut auch mal gut, besonders, wenn man sich kurz vorher noch die grandiose, aber todtraurige Depri-Nummer "White fire" gegeben hat, oder das fuzzige "Hi-five", das sich nur langsam, dann aber nachhaltig seinen Weg ins Herz des Hörers bahnt.
Auf der zweiten Hälfte von "Burn your fire for no witness" wird Olsen merklich ruhiger, nähert sich ihrem letzten Album wieder etwas mehr an, obwohl die Rohheit in großen Teilen bestehen bleibt. Im bluesigen "Dance slow decades" scheint sie zu flehen und erinnert dabei an diverse Folksängerinnen in den 60ern, die gegen irgendeine Ungerechtigkeit protestierten, obwohl sich Olsens Appell auf wesentlich persönlichere, fast schon intimere Umstände zu begrenzen scheint. Stärker als alle Darsteller der "Expendables"-Filme klingt sie hingegen wieder im druckvollen "Stars", welches zudem zeigt, wie sehr sie seit ihrem letzten Album gewachsen ist – und das vor allem an sich selbst. So kann sie natürlich auch wieder zerbrechlich wirken, wie im Schlussakt mit "Windows", das zudem ein Manifest auf das eigene Selbstwertgefühl ist. So schließt sich wohl der Kreis zum wesentlich brutaleren Opener wieder, und auch die Frage, wie man hier bewerten soll, ist damit eigentlich geklärt: Über Songwriting, Arrangements, selbst über die gesanglichen Fähigkeiten lassen sich bei Olsen und allen anderen streiten und diskutieren. Was sie hier aber an Emotionen hervorruft, bedarf eigentlich gar keiner Wertung. Die stehen für sich selbst. Und das schafft auch nicht jeder.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Hi-five
- White fire
- Lights out
- Stars
Tracklist
- Unfucktheworld
- Forgiven / Forgotten
- Hi-five
- White fire
- High & wild
- Lights out
- Stars
- Iota
- Dance slow decades
- Enemy
- Windows
Im Forum kommentieren
saihttam
2014-10-15 11:26:56
Also in Frankfurt hat das Konzert ungefähr eine Stunde gedauert. Die war auch sehr schön. Hätte aber trotzdem ein bisschen länger gehen können, zumal es keine Vorband gab.
retro
2014-10-15 11:14:25
war wohl auch der club daran schuld, wie ich im nachhinein erfahren habe. sie hatte sich mit "enjoy your disco" verabschiedet, weil an derselben location auch noch eine party stattfinden sollte. war also berechtigterweise etwas angepisst, die dame. ;-)
saihttam
2014-10-09 04:57:15
45 Minuten wären allerdings viel zu kurz! Ich finde ein Headliner-Konzert sollte schon die Stunde voll machen.
retro
2014-10-08 22:45:50
das konzert in zürich war ok, jedoch mit ca. 45 minuten viel zu kurz.
saihttam
2014-10-08 00:27:16
Ja, immer noch ein schönes Album! Und am Donnerstag geht's zum Konzert. Das wird gut.
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