
Transatlantic - Kaleidoscope
InsideOut / UniversalVÖ: 24.01.2014
Ein Kessel Buntes
Vielleicht haben es Transatlantic letzten Endes doch ein wenig übertrieben. Denn in der Rückschau blieb "The whirlwind", das letzte Studioalbum der Prog-Supergroup, zu umstritten, um sich als Genre-Meilenstein festzusetzen. Was für die einen ein Freudenfest höchster Frickelkunst war, sahen andere als genau die Gigantomanie, deretwegen der Artrock der Siebziger nicht ganz zu Unrecht vom Punk hinweggefegt wurde. Letzten Endes jedoch brauchen Neal Morse, Mike Portnoy, Pete Trewavas und Roine Stolt niemandem außer sich selbst etwas zu beweisen. Das mag prätentiös sein, zeigt Transatlantic aber als genau das, was es im Kern ist – ein Spaßprojekt von vier herausragenden Musikern, die sich auf höchstem technischen Niveau austoben wollen.
Daraus zu schließen, "Kaleidoscope" könnte nun zugänglicher werden, kompakter gar, wäre indes ein schwerer Fehler. Denn natürlich nehmen sich Transatlantic auch 2014 die Freiheit, das Album mit einer Suite von schlanken 25 Minuten Länge zu eröffnen. Und ebenso selbstverständlich frickeln sich die vier Herren bei "Into the blue" zunächst den sprichwörtlichen Wolf, bis dann nach über sechs Minuten endlich Neal Morse das Mikrophon zur Hand nimmt. Prätentiös hin, selbstverliebt her – das ist zunächst schlicht große Kunst. Erst recht dank der wunderschönen Reminiszenzen an die glorreichen Zeiten von Yes und Genesis und des kurzen Gastauftritts von Daniel Gildenlöw (Pain Of Salvation) im vierten Teil der Suite.
Dann allerdings passiert etwas, was in der Vergangenheit als höchst unüblich für Transatlantic galt. Waren bis dato alle Kompositionen hörbar Ergebnisse ausgiebiger Jams und eben nicht Resteverwertung der Hauptbands der Musiker, so ist "Shine" zwar eine durchaus hübsche Ballade, die sich immer mehr ins Ohr schmeichelt – aber am Ende des Tages doch "nur" ein Neal-Morse-Song mit Begleitband. "Shine" deswegen als Stinker zu bezeichnen, ginge zu weit, aber das bislang gewohnte Niveau ist eben doch ein anderes. Erst recht im Vergleich zum folgenden "Black as the sky" mit seiner wunderbaren Tony-Banks-Gedächtnisorgel.
So weit, so hochklassig. Was "Kaleidoscope" allerdings vor allem von den nahezu perfekten ersten beiden Alben, "SMPTe" und "Bridge across forever", unterscheidet, ist der abschließende Titeltrack. Denn so furios, wie das halbstündige Werk beginnt und endet, offenbaren sich in den mittleren Teilen bislang unbekannte Schwächen in den Arrangements, die den Eindruck erwecken, dass die Suite mit Gewalt auf Länge getrimmt werden musste – schon erstaunlich für eine Band, die so großartige Longtracks wie "Duel with the devil" zu ihrem Schaffen zählen darf. Haben sich Transatlantic mit "Kaleidoscope" überlebt? Sicherlich nicht. Immerhin sind hier immer noch vier herausragende Künstler am Start, die jeder für sich für Meilensteine des Genres verantwortlich sind. Aber von eben diesen Ausnahmekönnern muss man einfach mehr erwarten dürfen als eine "nur" gute Platte.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Into the blue
- Black as the sky
Tracklist
- Into the blue
- Shine
- Black as the sky
- Beyond the sun
- Kaleidoscope
Im Forum kommentieren
Prog Experte (jetzt ernsthaft)
2014-01-23 17:19:29
Die Whirlwind hat mich seinerzeit bei Erscheinen erst auch überhaupt nicht interessiert, war dann aber auch durchaus positiv überrascht. Eigentlich ist dieses ganze Retroprog-Ding ja auch bei mir seit vielen Jahren schon durch, aber speziell der Morse kriegt mich mit seinen Melodien doch immer wieder, werd' auf jeden Fall mal reinhören.
Zappyesque
2014-01-23 14:11:00
Nadann verstehen wir uns doch ;)
Prog Experte
2014-01-22 21:31:37
Die einzig wahren Prog Goetter sind und bleiben Arcade Fire.
Zappyesque
2014-01-22 20:48:13
Also die 6/10 kann ich doch wirklich absolut nicht nachvollziehen...
Finde die Scheibe absolut klasse und ordne sie auf dem selben Niveau wie die Vorherigen ein. Die großen tracks sind klasse arrangiert und werden von einem sehr spannenden roten Faden geleitet. die kürzeren drei im Herze der Platte liegenden Lieder sind auch auf hohem niveau (Black as the sky ist wohl das treibenste was sie je veröffentlicht haben)
Von Originalität als solche und wirkliche Neuerfindung konnte man bei Transatlantic wie auch bei allen anderen retro-prog Gruppen noch nie sprechen, aber sie perfektionieren wie immer alle ideen die im Prog über die Jahre entstanden sind kompositorisch wie auch mit ihrem Können an den Instrumenten und kreieren so auf Kaleidoscope wieder einen unglaublich tollen und vielfältigen sound(die Betitelung spricht für sich)
je nachdem wie sie in den nächsten Wochen an mir kleben bleibt werde ich etwas zwischen 8 und 9 sagen.
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Death Cab For Cutie - Transatlanticism (142 Beiträge / Letzter am 28.01.2025 - 23:40 Uhr)
- Transatlantic - The Absolute Universe (6 Beiträge / Letzter am 08.03.2022 - 12:00 Uhr)
- Transatlantic - The absolute universe: Forevermore (11 Beiträge / Letzter am 03.03.2021 - 15:47 Uhr)
- TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) (332 Beiträge / Letzter am 19.09.2016 - 17:54 Uhr)
- Transatlantic - Kaleidoscope (4 Beiträge / Letzter am 23.01.2014 - 17:19 Uhr)
- Transatlantic - The Whirlwind (3 Beiträge / Letzter am 09.05.2010 - 08:33 Uhr)