The Fratellis - We need medicine

BMG / Rough Trade
VÖ: 11.10.2013
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ein Fundament

Eigentlich könnte man fast ein bisschen Mitleid haben mit einer Band wie The Fratellis. Da haben die diesen einen vermaledeiten Song aufgenommen, den sie nun auf Teufel komm raus nicht mehr los werden. Und zwar auf nicht absehbare Zeit. Die Rede ist natürlich von "Chelsea dagger", seineszeichens gern gesehene Mitgröhlnummer in diversen Fußballarenen, sicherer Tanzflächenfüller in der dörflichen Indie-Disse und vermutlich inzwischen sogar den Aborigines ein Begriff. Ein beachtlicher Rucksack, den diese Band also zu schleppen hat. Oder den sie vielmehr die letzten Jahre zumeist zu schleppen verweigert hat, wurde es doch zuletzt arg ruhig um die Fratellis. Und gerade dann, als man begann, sie sogar aus dem letzten Eck im Hinterkopf zu streichen, kommen die drei wieder um die Ecke, grüßen recht freundlich und versuchen, mit ihrer neuen Platte "We need medicine" von Neuem Rabatz zu machen.

Wer jetzt abwinkt, mit dem Hinweis, man habe es hier mit einem Überbleibsel aus Zeiten, in denen jede x-beliebige Indie-Kapelle gehypet wurde, zu tun, könnte falscher nicht liegen. Denn: "We need medicine" vollzieht endlich den Schritt, den der Vorgänger "Here we stand" vor fünf Jahren nur anzudeuten vermochte. Diesmal nämlich lassen Jon, Mince und Barry den Holzhammer außen vor, reißen nicht mehr die Distortion auf, wenn ihnen nichts besseres mehr einfällt. Vielmehr dürfen die Songs auf Album Nr. 3 das sein, was sie sind, werden nicht mehr mit aller Gewalt in Richtung Eingängikeit geprügelt. Das heißt jetzt natürlich nicht, dass die Fratellis plötzlich im Vorprogramm von The Mars Volta auftauchen könnten, nein, natürlich erkennt man einen ihrer Songs auch anno 2013 zumeist auf Anhieb, bleibt die Grundidee hinter dieser Band erhalten. Das heißt auch nicht, dass die Songs alle von höchster Qualität wären. Und doch spürt man, dass die Auszeit ihre Spuren hinterlassen hat, im Sound dieser Band. Positive, versteht sich.

So gerät schon der Opener "Halloween blues" zum Statement, das unmissverständlich klar macht: Die Fratellis sind wieder da. Sie rip-offen sich so schwungvoll durch die Rockgeschichte, ohne den eigenen Stil aus den Augen zu verlieren, wie das zuletzt Green Day auf "American Idiot" vollbracht haben. Was dabei rumkommt, überrascht zum Teil gar in seinem Abwechslungsreichtum: "She's not gone yet but she's leaving" hätte interessanterweise auch im jüngeren Output der Arctic Monkeys einen Platz finden können, "Whisky saga" pflegt zwischendurch ein wenig die eigenen Trademarks, "This is not the end of the world" darf bisweilen den Engtanz mit dem Pop wagen. Kann man machen. Vor allem, wenn man noch einen Song wie "Jeannie Nitro" in der Hinterhand hat. Der nämlich entpuppt sich als todsicherer Hit. Und zwar nicht im herkömmlichen Sinne. Nein, dieser Song hat genug Witz und Hintersinn, um auch im Dauertest kaum Kratzer abzubekommen und so über einen langen Zeitraum hinweg interessant zu bleiben.

Was sich aber dennoch bei all den positiven Überraschungen, die "We need medicine" bereithält, nicht verbergen lässt: So wirklich gebraucht hat diese Platte jetzt streng genommen niemand. Klar ist das zumeist recht ordentlich, macht dieses Album seine Sache zwischen den Stühlen von Indie, Rock und versoffenem Folk-Punk ganz gut und wächst bei ein paar Songs sogar über sich hinaus. Aber um wirklich in Erinnerung zu bleiben, um nicht nach viel zu kurzer Zeit wieder vergessen zu werden, findet sich zu viel Nichtssagendes, zu viel Durchschnitt auf dieser Platte. Womit es The Fratellis trotz aller Mühen ein weiteres mal nicht geschafft haben, ihre eigene kleine Schublade zu verlassen: "We need Medicine" ist also ein sehr spaßiges Album. Mehr aber auch nicht. Und immerhin hat man auch nach einigen Monaten mehr als einen Song noch nicht vergessen, immerhin sind The Fratellis inzwischen weit mehr als "De dede, de dede, de dede dede". Da kann man doch drauf aufbauen.

(Martin Smeets)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Halloween blues
  • Jeannie nitro
  • Rock n Roll will break your heart

Tracklist

  1. Halloween blues
  2. This old ghost town
  3. She's not gone yet but she's leaving
  4. Seven nights seven days
  5. Shotgun shoes
  6. Whisky saga
  7. This is not the end of the world
  8. Jeannie Nitro
  9. We need medicine
  10. Rock N Roll will break your heart
  11. Until she saves my soul
Gesamtspielzeit: 44:59 min

Im Forum kommentieren

Clicks galore

2013-08-20 22:31:13

Mich stört gar nichts!!!! Alles ist gut wie es ist. Es war ein halbleidenschaftliche Feststellung.Das soll in diesem elitären Forum schon mal vorgekommen sein.

Wew

2013-08-20 22:29:12

Noch Fragen???

Äh ja, folgende: Worauf willst du hinaus? Es wird aus deinem Posting nicht wirklich ersichtlich, was dich stört.

Clicks galore

2013-08-20 22:20:57

Armin hat diesen reinen Musik-Thread um 19:57 Uhr eröffnet. Um 22:18 verzeichnet er zwei Reaktionen, die sich zu 100% inhaltlich korrekt und einwandfrei auf den Threadinhalt bezogen haben. In der gleichen Zeit gab es gefühlte 400 Posts in den "Diskussinsthreads" zu Mods etc, die angeblich so furchtbar und überflüssig sind sind. Noch Fragen???

Mr. Fritte

2013-08-20 22:00:03

Ist doch wieder ein ultimativer Ohrwurm! Gefällt mir auf Anhieb besser als die erste Single des letzten Albums, wobei ich das ja auch immer noch sehr gerne höre.

Jaggy Snake

2013-08-20 20:36:21

Ich fand die ja immer ganz witzig. Die neue Single "Seven Nights Seven Days" ist leider noch nicht der große Wurf. Knüpft eher an das zweite Album an und lässt etwas die Rotzigkeit des Erstlings vermissen.

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