King Krule - 6 feet beneath the Moon

XL / Beggars / Indigo
VÖ: 23.08.2013
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Royal Wunderkind

Heute einen schlechten Tag gehabt? Alles schiefgelaufen? Nicht nur von den anderen im Stich gelassen, sondern auch vom eigenen Selbstbewusstsein? Dann gib Dir mal das: In England läuft ein blasser 18-Jähriger mit abstehenden Ohren rum, den man rein äußerlich wohl kaum beachten würde, und der ist jetzt schon beliebter, als Du jemals sein wirst. Wie Archy Marshall das macht? Angefangen hat alles 2010, als er sich noch Zoo Kid nannte und mit seiner Debütsingle "Out getting ribs" das Indie-Feld von hinten aufrollte. 2011 später kam bereits die Namensänderung zu King Krule und die erste selbstbenannte EP. Nochmal zwei Jahre später ist "6 feet beneath the Moon" sicherlich eines der heißerwartetsten Debütalben. Aber warum eigentlich? Was macht King Krule denn so verdammt anders oder gar besser als die anderen?

Vielleicht liegt es an der Stimme. Gut möglich, dass der junge Mann auf der renommierten Brit School gelernt hat, so mit ihr umzugehen. Hört man ihm so zu, wie er in "Baby blue" voller Sehnsucht die Zeilen "Oh, if only you could see / My shadow crossing your path / It won't be the last / Baby blue" vorträgt, könnte man meinen, der Sänger wäre ein älterer, lebenserfahrener Mann, dessen Stimme von jahrelangem Whiskey-Konsum die nötige Tiefe erreicht hat. Und doch schließt sich so auch wieder der Kreis: Der schlechteste Tag, an dem einen alles und jeder im Stich gelassen hat, nimmt beim Hören von "6 feet beneath the Moon" ein gutes Ende. Das von Marshall mit Hilfe von Rodaidh McDonald (The xx, Daughter, Gil Scott-Heron) produzierte Erstlingswerk überzeugt mit seiner Mischung aus introvertierten Melodien und Großstadtlyrics: Vom vergleichsweise geradezu großspurigen und pompösen "A lizard state" über die erste Single "Easy easy" mit seinem Kontrast aus minimalistischer Instrumentierung und aggressivem Gesang bis zum herzzerreißend schönen "Will I come" trifft Marshall einen hier ganz tief, bis es weh tut.

Da kümmert es auch nicht, dass man einige der Stücke bereits vorher kannte, wie etwa die irgendwo zwischen Ausgelassenheit und innerer Zerrissenheit schwankende, leicht überarbeitete Version von "Ocean bed", oder auch die bereits erwähnte allererste Single "Out getting ribs" kurz vor Schluss, die im Original dank ihres rauen Untertons noch ein bisschen besser funktionierte als in der hier dargebotenen, glattproduzierteren Variante. Dazwischen gibt es immer wieder kleine Perlen, die "6 feet beneath the Moon" als eines der Alben des Jahres nicht nur rechtfertigen, sondern begründen könnten. Da wäre etwa "Cementality" mit seiner geballten Kraft in jedem einzelnen Ton und Wort, wenn Marshall in Bauch-rein-Brust-raus-Manier einfach mal die Sätze "No no, I was never scared / Pain had made my vision impaired / But now I'm free of care" raushaut und man dem eben noch so blassen 18-Jährigen den Platz neben sich und das eigene Bier anbieten will, nur damit er bloß nicht aufhört zu singen oder zu reden oder wonach auch immer ihm gerade ist.

Oder das zappenduster startende "Ceiling", das in den ersten Sekunden so schwer und zäh ertönt, sich dann aber in einer leicht dubstepschwangeren Melodie entlädt und trotz seines ausgewaschenen Klangs ebenso glasklar rüberkommt wie die anderen 13 Songs. Und dann gibt es eben noch das kleine, aber feine Album-Highlight "Neptune estate", das beim ersten und zweiten Hördurchgang noch untergeht, bis man sich schließlich dabei ertappt, wie man es in Dauerschleife hören will. "I wanna be with you / I wanna be used", singt Marshall da über einen Beat, während drei Meter weiter ein Klavier zu spielen scheint. Wieder steigert er sich in seinen eigenen Gesang, rappt/spricht irgendwann mehr, als das er wirklich singt. Wieder ist da diese unterschwellige Angriffslust, der beinahe aggressive Ton in seiner Stimme, der eine Sekunde später einer Wärme weicht, die den Tag schließlich doch rettet. Klar, Archy Marshall ist beliebter, als Du jemals sein wirst. Aber mit ihm sind auch die schlechten Tage gezählt.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ceiling
  • Will I come
  • Neptune estate
  • Out getting ribs

Tracklist

  1. Easy easy
  2. Border line
  3. Has this hit?
  4. Foreign 2
  5. Ceiling
  6. Baby blue
  7. Cementality
  8. A lizard state
  9. Will I come
  10. Ocean bed
  11. Neptune estate
  12. The krockadile
  13. Out getting ribs
  14. Bathed in grey
Gesamtspielzeit: 53:04 min

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MopedTobias (Marvin)

2014-09-14 17:13:46

Habs mittlerweile auch gehört und schließe mich dem allgemeinen Tenor hier an: Toller, atmosphärischer Sound, aber Schwächen im Songwriting. Würde 7/10 geben.

mula

2013-10-07 16:35:59

hier in great britain wird der typ enorm gehyped.

@Castorp

2013-10-07 11:37:23

Das Album hat eine 7.3 bekommen.
wo ist da bittesehr der hype?!

rollator

2013-10-07 11:36:08

So doll ist der Pitschie Hype doch gar nicht (Wertung Album: 7,3, die EP 8). Ich kann Soups Haltung (zu wenig Songwriting) durchaus nachvollziehen, einiges klingt eher nach Soundscape mit Gesang (Ceiling etwa), manches eben aber auch sehr ausgewachsen (Easy Easy, Borderline). Ich mags jedenfalls auch in der Mischung.

Wondraback

2013-10-07 10:35:23

Der Typ ist jetz schon großer als Radiohead, Wahnssinnn"!!

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