Smith Westerns - Soft will

Mom + Pop / Cooperative / PIAS / Rough Trade
VÖ: 28.06.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Ein Hoch auf die Reife

"Hipstermusik aus Kanada und den USA muss sich oftmals den Vorwurf gefallen lassen, sie sei zu wenig songorientiert", schrieb der Kollege vor gut zwei Jahren direkt an den Anfang der Rezension von "Dye it blonde", dem zweiten Album der Chicagoer Band Smith Westerns - und hatte damit gar nicht Unrecht. Betrachtet man allerdings die Entwicklung des Trios, ist eine interessante Verlaufskurve festzustellen. War das selbstbetitelte Debüt noch deutlich verschrobener, schrammeliger und mit diversen Lo-Fi-Elementen direkt aus Papas dunkler, schmutziger Garage gespickt, schlug besagtes "Dye it blonde" schon einen glatteren, geordneteren Weg ein, mit dem einen oder anderen wildgewordenen Ausbruch. "Soft will", das dritte Album der Band um Sänger Cullen Omori, geht diesen Schritt weiter und bietet zehn ausgearbeitete Popsongs, denen der Charme der Jugend an genau den richtigen Stellen anhaftet.

Von der verspielten Kindheit über die stürmische Adoleszenz hin zum gefestigten Erwachsensein? Vielleicht. Immerhin ist Omori seit diesem Jahr auch endlich 21 und darf mit seinen beiden Mitstreitern drüben in den USA ganz legal ein Bierchen trinken. Ein Hoch auf die Reife, möchte man da ganz ohne Spott gratulieren, bis die ersten Töne von "Soft will" aus den Lautsprechern kommen. "It's easier to think you're dumb / Like you were / It's easier to think you're no fun / Oh, I know / It's easier to think you can't go on", erklingt es im Opener "3AM spiritual". Gratulanten und Schulterklopfer haben die drei wohl nicht mehr nötig, denkt man angesichts der Mischung aus psychedelischen Pop mit 60er-Jahre-Anleihen und dem astreinen Festivalgefühl bei jedem einzelnen "Whoa, yeah"-Ausruf. Das Bad in der Menge findet gedanklich bereits statt, noch bevor der Song zur Mitte hin erst richtig aufblüht und der Unterkiefer noch einen Zentimeter weiter nach unten fällt. Nicht schlecht, dieser Einstieg. Es gibt noch weitere Songs dieses Schlags, etwa das sich langsam steigernde "White oath", das sich urplötzlich in eine kleine Britpop-Hymne mitsamt hervorstechendem Gitarrenriff verwandelt, oder auch das beinahe orchestral aufgebaute "Fool proof".

"Every day's a blessing / Every day's a hangover", singt Omori im melancholischen "Idol", das sich kritisch mit seiner früheren Vorstellung seiner Kindheitshelden auseinandersetzt, während "Only natural" trotz seinem energetischen Rhythmus und dem netten Gitarrenspiel in der Mitte des Songs nicht so recht zünden möchte. Auch "Best friend", so sympathisch der liebevoll gestaltete Refrain auch sein mag, verweilt zwei Sekunden zu lang auf der Bremse und gewinnt dabei erst in der letzten Minute wieder an Fahrt, bevor man annehmen könnte, dass Smith Westerns zum Schluss hin die Puste ausgeht. Dennoch hätte die gelungene Single "Varsity" besser an den Anfang des Albums gepasst als an das Ende, obgleich das Stück die Entwicklung der Band vom ersten bis zu diesem Album wohl am besten verdeutlicht. Ein langer Weg war es für sie, aber angekommen sind sie hoffentlich noch lange nicht, die Jungs - pardon - Männer.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • 3AM spiritual
  • Idol
  • Fool proof
  • White oath

Tracklist

  1. 3AM spiritual
  2. Idol
  3. Glossed
  4. XXIII
  5. Fool proof
  6. White oath
  7. Only natural
  8. Best friend
  9. Cheer up
  10. Varsity
Gesamtspielzeit: 39:09 min

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