Queens Of The Stone Age - ...Like clockwork

Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 31.05.2013
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Das Donnerwetter

Der Heino der Rockszene, Bob Seger, platzierte 1979 eine Single mit dem fluffigen Namen "Old time rock and roll" auf Platz 28 der US-Charts. Darin singt er sich selbst ins heimelige Wolkenkuckucksland mit Textzeilen wie "Today's music ain't got the same soul / I like that old time rock and roll." Was damals für das Mainstream-Radio so scharf wie Pepperoni war, in etwa wie heute Nickelback, zwingt jedem Nachgeborenen eine Frage auf, die Black Rebel Motorcycle Club schon auf ihrem Debüt unbeantwortet stellten: "Whatever happened to my rock'n'roll"? Ja, wie steht es um den "New time rock and roll"? Da die Frage schwer zu beantworten und irgendwie suggestiv gestellt ist, lässt sich doch immerhin ein allgemein akzeptierter Konsens finden. Die einzige logische Weiterentwicklung des "Old time rock and roll" heißen Queens Of The Stone Age.

Viele Worte wurden über das sechste Album der Band "...Like clockwork" bereits verloren, viele Mäuler zerrissen. Sobald die Musikwelt den Namen Joshua Homme vernimmt, horcht sie ehrfurchtsvoll auf. Zu Recht, gilt der Mann doch nicht nur als eine der coolsten Säue auf dem Planeten mit dem besten Hüftschwung seit Elvis Presley, sondern er hat ebenso den Ruf weg, stets Goldbarren für die Ewigkeit in der Musik-Bank zu horten. Dass diese Bank so leicht nicht zu plündern ist, wissen auch die vielen geladenen Gäste. Wenn Homme ruft, kommen alle auf den roten Teppich des Wüstenstudios. Neben Dave Grohl an der Schießbude, also ein Handbreakturn zu "Songs for the deaf", finden sich in der illustren Schar der Hommebegleiter diesmal nicht nur veredelte Schwergewichte wie Trent Reznor, der als Band-Vollmitglied einst geschasste Nick Oliveri oder James Lavelle von UNKLE, sondern auch Pop-Pappi Elton John, der vermutlich mit Lätzchen auf seinem Klavier angeflogen kam. Um hier nicht zu spoilern, möge jeder selbst die gerühmte Gästeliste abklappern und die heimlichen Stars ausfindig machen.

"...Like clockwork" kommt nach langer Wartezeit und es kommt wie immer anders. Irgendetwas zerbricht. Schleppend und ziehend röhren die abgedämpften Gitarren wie Wüstenschlangen um ein hynotisches mantraartiges Gefälle, das den Namen "Keep your eyes peeled" trägt und von Homme mit seinem Zwei-Gramm-Koks-zuviel-in-der-Nase-Gesang kühl veredelt wird. Weniger zerschwurbelt als viele Songs des Vorgängers "Era vulgaris", aber bereits mit mehr Zahnprophylaxe als "Lullabies to paralyze". Damit ist der Weg frei für den ersten richtigen Scheiß-egal-Hit "I sat by the ocean", der abschüssig etwa vier Schritte hinter Eingängigkeit hinkt und mit einem im Falsett aufspielenden trockenen Refrain dem am nächsten kommt, was anderswo "Injakulation" heißt oder alternativ auch Verlängerung des Orgasmus. Nachdem dieser dann doch verklungen ist, schälen sich traurige Klavierakkorde mit Retrosynthieeinlagen durch klangliches Gewaber und künden Nachdenklichkeit mit schreienden Pornogitarren an. Wie bei allen Queens-Of-The-Stone-Age-Songs der Vergangenheit gilt auch hier: Etwas muss aus den gewohnten, eingelatschten Hör-Bahnen ausbrechen. Andernfalls hätte man wohl die Foo Fighters auf dem Radar.

Ebenfalls pornös rudert "Smooth sailing" mit sextriefender Kopfstimme in einer Portion Massageöl für Klangliebhaber, vom Gefühl ähnlich wie "Skin on skin" von "Lullabies to paralyze". Mit Kater zeigt sich hingegen "If I had a tail", das dennoch in seiner abgemurksten Souveränität besser balzt als jeder Auerhahn im heimischen Hühnerstall. Die Assoziation wird von schneckigen Keith-Richards-Soli nur positiv bestärkt. Mit "My god is the sun" kommt ein schmerzloser Brecher über die Schlucht, der klingt, als hätten sich Them Crooked Vultures den "Blues for the red sun" aus seligen Kyuss-Zeiten zur Brust genommen. Eben diesen kontert Homme jedoch gleich wieder in "Kalopsia", wenn er weltoffene Gitarren zwischen Kalypso-Muzak schmettert, die umarmen würden, hätten sie Arme, bevor mit "Fairweather friends" das Laut-Leise-Highlight von "...Like clockwork" in hyperventilierender Ruhe als eine Hommage an die Beatles aufgipfelt.

Abschließend bereitet dann "I appear missing" in leichter, sich dramatisch steigernder Melancholie einer kleinen Überraschung die Bühne: "Like clockwork", das so ziemlich nach allem klingt, nur nicht nach der seit einer guten halben Stunde aus den Boxen klirrenden Hauptband des rotschopfigen Wüstenhünen. Homme huscht darin geistergleich im Falsett an einem verwaisten Klavier vorbei, das dynamisch von steigenden Klangschichten auf- und angereichert wird. Käme das bekannte Stoner-Gitarrenröhren nicht, wäre dieser Albumabschluss wohl kaum Queens Of The Stone Age zuzuordnen. Doch dieser langsam endende Cliffhanger steigert in seiner Abseitigkeit die Konsequenz des Albums nur nochmals. Auch "...Like clockwork" wird lange durch die Erinnerung tanzen, spätestens wenn sich die Melodien im Kopf verselbstständigen und die Hüfte in der S-Bahn kreisen lassen. Selbst schuld also, wer auf Bob Seger hört - und den wüstendonnernden New time rock and roll an sich vorbeiziehen lässt.

(Peter Somogyi)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I sat by the ocean
  • The vampyre of time and memory
  • Fairweather friends

Tracklist

  1. Keep your eyes peeled
  2. I sat by the ocean
  3. The vampyre of time and memory
  4. If I had a tail
  5. My god is the sun
  6. Kalopsia
  7. Fairweather friends
  8. Smooth sailing
  9. I appear missing
  10. Like clockwork
Gesamtspielzeit: 43:59 min

Im Forum kommentieren

Gomes21

2023-05-06 14:05:45

Mir ebenfalls auch mit stilverwandtem, nicht nur QOTSA

NeoMath

2023-05-06 13:45:02

Mit den nachfolgenden Werken geht es mir ähnlich; als ich allerdings vor einigen Wochen Like Clockwork gehört habe, war das schon eine feine Sache. Vielleicht passte die Stimmung aber auch einfach nur gerade mit dem überein, was ich brauchte.
Tatsächlich ist es aber bei mir auch so, dass ich QOTSA kaum noch bis gar nicht mehr auflege, auch die anderen Alben nicht, da mich diese Art Musik seit längerem nur noch äußerst selten interessiert.
Überdrüssig trifft es wohl ganz gut, ja, geht mir auch so, allerdings wie erwähnt nicht nur mit QOTSA.

Gomes21

2023-05-06 13:34:58

Gestern in der Zufallswiedergabe My God is the Sun gehört. Starker Track! Aber als Album packt mich das nicht mehr. Die balladenmomente finde ich furchtbar und Homme war zuletzt einfach zu sehr Nervensäge, ich bin da ebenfalls stark überdrüssig.

NeoMath

2023-05-06 13:11:03

Beste!

edegeiler

2023-04-30 12:01:54

Gestern nochmal auf Vinyl gehört, nachdem ich zuletzt Homme-Überdruss nach seinen Eskapaden hatte. Was für ein Brett.

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