Still Corners - Strange pleasures
Sub Pop / CargoVÖ: 10.05.2013
Hall und Hauch
Wie heißt nochmal die hippe Musikrichtung, die mit "D" anfängt und mit "p" aufhört? Dubstep? Hm, auch hip, aber meinten wir nicht. An dieser Stelle soll es um Dreampop gehen, diesem herrlich verhallten Genre, das in den letzten Jahren von Bands wie Beach House wieder salonfähig gemacht wurde. Mittlerweile ist es recht unübersichtlich geworden, im Wochentakt erscheinen entsprechende Platten, die meist durch ein recht gewöhnliches Hall- und Hauch-Programm führen und sich in ihrer blumigen Mediokrität zu sehr selbst gefallen. Anders sieht es da beim britischen Duo Still Corners aus. Produzent und Songwriter Greg Hughes und Sängerin Tessa Murray komponierten mit ihrem Zweitwerk "Strange pleasures" - wenn man so möchte - den perfekten Soundtrack für die Zeit zwischen zwei Beach-House-Platten.
Doch eigentlich steckt viel mehr in dem Duo, das live von weiteren Musikern unterstützt wird. Die Stücke sind clever arrangiert und stehen immer mit beiden Beinen knietief im Pop. Still Corners leisten sich für jeden Song eine Melodie, für die andere, vergleichbare Bands irgendetwas Schlimmes mit ihren Omas, Opas oder Enkeln anstellen würden. Bemüht klingen Hughes und Murray dabei jedoch nie. Der sechsminütige Opener "The trip" lässt beispielsweise die einsame Gitarre über ein Klatschmohnfeld wandern, irgendwann erhebt sich die Stimme Murrays und flüstert zart, dass es noch viele Meilen sind, bis das Ziel dieses Trips erreicht ist. Wobei doch jeder Westentaschenphilosoph weiß, dass der Weg das Ziel ist und diesen Weg, ja, diesen geht man sehr gerne, solange man ebenjenen feinen Opener auf den Ohren hat. Im verhuschten "I can't sleep" wird dann logisch dargelegt, dass es oftmals ziemlich doof ist, sein Bett nur mit sich und seinen elendigen Selbstzweifeln zu teilen.
Still Corners konzentrieren sich aber nicht nur auf hochsensibles Nabelschaustellertum, sondern beherrschen auch noch die clubtauglichen, schwärmerischen Stücke, die mit ihrer verführerischen Dringlichkeit die Tanzflächen und digitalen Musikabspielgeräte erobern werden: "Fireflies" ist ein astreiner, vorgeschobener Sommerhit, das folgende "Berlin lovers" besticht mit quengeligen Beats aus der Grimes-Schublade. Der beste Song der Platte, das betörende "Beatcity", erinnert dann an die Hochphase der Stars, bevor diese mit ihrer letzten Platte "The North" endgültig zu schwülstig wurden. Bei Still Corners besteht die Gefahr der popinfizierten Klebrigkeit zwar auch, doch sie halten stets die Balance, bleiben mit allen zwölf Stücken im absolut grünen Bereich. Das "Pop" in Sub Pop darf nebenbei auch mal wieder groß geschrieben werden. Vor dieser Leistung kann man nun wirklich nur den - sorry - Zuckerhut zücken.
Highlights & Tracklist
Highlights
- All I know
- Fireflies
- Beatcity
Tracklist
- The trip
- Beginning to blue
- I can't sleep
- All I know
- Fireflies
- Berlin lovers
- Future age
- Going back to strange
- Beatcity
- Midnight drive
- We killed the moonlight
- Strange pleasures
Referenzen
Spotify
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