Kaizers Orchestra - Violeta Violeta Vol. III

Kaizers / Petroleum / Rough Trade
VÖ: 15.02.2013
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Finale vorm Finale

Dieses Album ist das Ende. Nicht nur das vorläufige von Kaizers Orchestra, die nach einem Abschiedskonzert im Herbst 2013 auf unbestimmte Zeit pausieren werden - sondern vor allem das Ende ihrer dreiteiligen romantischen Tragödie "Violeta Violeta". Was bisher geschah, kann man gar nicht so genau sagen, da nach wie vor auf Norwegisch gesungen wird und ohnehin alles durcheinanderläuft. Die Dinge liegen ungefähr so: Ein Vater flüchtet mit seiner Tochter Violeta in die große, weite Welt, um sie ihrer psychotischen Mutter zu entziehen, die angekokelt und wodkadurchtränkt die Verfolgung aufnimmt. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen, der Teufel hat auch ein Wörtchen mitzureden, und auf einem tausendstöckigen japanischen Wolkenkratzer kommt es zum Showdown. Und eigentlich ist alles noch viel haarsträubender.

Da kann man sich schon fragen, wie Kaizers Orchestra es auf "Violeta Violeta Vol. I" und "Violeta Violeta Vol. II" geschafft haben, diese monströse Geschichte in zumindest für ihre Verhältnisse geordnete Bahnen aus Swamp-Polka, garagigem Knirsch'n'Roll und düsteren Trinkliedern zu lenken und sich dabei einigermaßen kurz zu fassen. Doch zum Abschluss der Trilogie will das Sextett es endlich noch einmal richtig wissen. Mit allem, was geht. Blubbernde Harfen, Piccolotrompeten und Massive aus Chören sind noch lange nicht genug - es muss bitte schon das komplette Sinfonieorchester Stavanger sein, mit dessen Hilfe die Norweger rund die Hälfte der Stücke zu ausladenden Mini-Opern aufpumpen. Aber was heißt hier "Mini"? "Violeta Violeta Vol. III" ist sogar so riesengroß, dass sich Kaizers Orchestra an all dem Bombast gelegentlich zu verheben drohen.

Dabei zeigen sie gleich zu Anfang, dass es auch anders geht: "Besgravelsespolka" paukt sich sieben Minuten lang durch eine satanische Grabrede und paart Theaterdonner mit dicken Trommeln, aufgebrachten Riffs und herrlich größenwahnsinniger Mehrstimmigkeit - eine imposantere und bessere Ouvertüre kann man sich gar nicht vorstellen. Danach bekommen die klassischen Solisten zusehends mehr Raum für Zwischenspiele, wogegen Kaizers Orchestra sich des öfteren eine Pause gönnen und die voluminösen Orchesterarrangements nur gelegentlich mit Kreischgitarren zersägen. Und allmählich rückt man sich leicht skeptisch das Opernglas zurecht - und bedauert ein wenig, dass sich die Band ihren manischen Grundton zuweilen etwas auswaschen lässt. Doch abschreiben sollte man die sechs deswegen nicht.

Das Uptempo-Ompa von "Det polaroide liv" mag zwar zunächst wie eine überstürzte Aufholjagd wirken, dann aber macht "Siste dans" als arschwackelnder Piano-Shuffle samt Synthie-Pieksern auch mit einfachen Mitteln großen Eindruck. Während der verzweifelte Vater in "Markedet bestemmer" seine aufmüpfige Tochter auf einem pakistanischen Basar zu verscherbeln versucht, spielt eine Sitar eine köstlich schaurige Melodie, und "Satan i halsen" verblüfft gar mit einem überfallartigen Death-Metal-Part. Am Ende fassen sich alle bei den Händen und freuen sich auf die angedachte Musical-Version von "Violeta Violeta" - und vielleicht ist der Zeitpunkt für eine Auszeit gar nicht schlecht gewählt. Einen nicht zu überhörenden Schlusspunkt haben Kaizers Orchestra trotz einiger Abstriche hiermit aber allemal unter ihre bisherige Diskografie gesetzt.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Begravelsespolka
  • Siste dans
  • Satan i halsen

Tracklist

  1. Begravelsespolka
  2. Forloveren
  3. Aldri vodka, Violeta
  4. Tvilling
  5. Det polaroide liv
  6. Siste dans
  7. Markedet bestemmer
  8. Satan i halsen
  9. Perfekt i en drøm
  10. Sekskløver
Gesamtspielzeit: 61:33 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2015-09-14 21:00:39

Die haben sich ja aufgelöst. Hui.

@ swamp polka

2013-03-16 11:41:40

Janove Ottesen dünne Stimme?! Unhörbar?
Schon mal live gesehen? Unfassbar gut, was die Jungs abliefern

http://vimeo.com/55722330

swamp polka

2013-02-24 00:52:23

leider hat der sänger ungefähr dieselbe dünne stimme wie der sänger der deutschen band "slut". daher: unhörbar.

Ilu

2013-02-21 22:50:32

Vernünftige Rezension - oder zumindest eine Rezension, wie ich sie erwartet habe. Freut mich, dass der Autor sich mit den Texten befasst hat und mit der 6/10 (den Fanbonus abgezogen) wär ich vor dem Opernbesuch auch mitgegangen. Inzwischen würde ich drei Punkte raufgehen, aber da man ja schlecht ein Vierteljahr ein Album vor der Rezension probehören kann, passt das schon so.

Susi S.

2013-02-21 13:20:20

Jap, von Tom Waits sind sie inspiriert - klar kann man auch sagen, dass sie zu Beginn stumpf abgekupfert haben. =;-) Aber mittlerweile haben sie sich doch sehr entwickelt ... von Tom Waits kann ich persönlich mir kein Album komplett anhören, weil mir die Musik sehr schnell auf die Nerven geht - bei Kaizers ist es was ganz anderes.

Und bei der Trilogie gibt's gar keine Ölfässer mehr.

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