Navel - Loverboy

Nois-O-Lution / Indigo
VÖ: 08.02.2013
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Kurz oder lang

Und da sage noch einer, Reviews hätten keinerlei Wirkung. Womöglich ist es nämlich dem geschätzten Kollegen Baschek zu verdanken, dass Navel auf ihrem dritten Studioalbum die Spielzeit um einiges zurückgeschraubt haben. Der Vorgänger "Neo noir" war mit seinen 76 Minuten einfach viel zu lang. "Loverboy" begnügt sich mit nicht einmal 50 Minuten, von denen mehr als ein Fünftel auf den Abschluss "Shine on" fallen, der seine Soundschleife gnadenlos Minute um Minute ziehen lässt, bis irgendjemand den Stecker zieht. Bis es soweit ist, zelebrieren die drei Schweizer psychedelischen Bluesrock, der sich damit zwar endlich von Nirvana emanzipiert, nun aber beim Black Rebel Motorcycle Club Asyl beantragt hat. Selbst Sänger Jari Andermatt klingt nicht mehr Kurt Cobain für die Westentasche. Okay: Stattdessen nölt und zieht er beizeiten die Wörter wie Liam Gallagher. Auch auf "Loverboy" ist also alles wieder einmal nur geklaut, das jedoch mitunter weiterhin sehr hörenswert.

Und es sind gerade die Songs "Barrels of love" und "This is the youth", die so verdammt nach dem Black Rebel Motorcycle Club klingen und die Speerspitze des Albums bilden. Die Drums preschen mit aller Macht nach vorne, die düsteren Gitarren und der Bass schlängeln sich um Andermatts schlierende Stimme, der wirkt, als wäre er im Grunde zu cool für diese Welt. Den geht das alles hier nichts an, der macht das, weil er halt grad da ist, mit Sonnenbrille und Fluppe im Mundwinkel. Größenwahnsinniger werden die Eidgenossen nur noch in den bereits erwähnten elf Minuten von "Shine on", die zwar etwas Anlauf benötigen, aber dann mit einer Explosion alles wegbratzen, was sich in den Weg stellt. Wenn Navel doch bloß konsequenter auf den schweren amerikanischen Blues gesetzt hätten, hätte "Loverboy" ein dickes Soundbrett werden können.

Stattdessen gibt es mit "Sweetest song" eine Prise Morricone-Flair gemixt mit irgendetwas Obskurem zum Rauchen. "Love her (before she's gone)" beschwört hingegen den Sixties-Handclap-Rock der Rolling Stones, während das Opener-Triumvirat "Cold blood", "The sun for me" und "Loverboy" sich bei den etwas rotzigeren Vertretern des Britpop der Neunziger anlehnt und das Ganze mit etwas Americana bereichert. Hier ist wie bisher immer bei Navel vieles gut gemeint, nichts wirklich schlecht - aber so richtig gut ist dann doch wieder nur Einzelnes. Und "Loverboy" ist der beste Beweis dafür, dass sich manchmal auch 50 Minuten anfühlen können, als wären es 70. Vielleicht könnte der Kollege Baschek hier nochmal eingreifen? Wir werden sehen, ob es wirkt und was sich die Schweizer für ihr viertes Studioalbum überlegen. Die Genregrenzen sind jedenfalls fließend, eine Überraschung ist immer drin. Mer gsehd sich!

(Kai Wehmeier)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Barrels of love
  • This is the youth
  • Shine on

Tracklist

  1. Cold blood
  2. The sun for me
  3. Loverboy
  4. I bury my luck in this town
  5. Barrels of love
  6. Sweetest song
  7. Hollow sky
  8. Love her (before she's gone)
  9. This is the youth
  10. Right to the next fire
  11. Shine on
Gesamtspielzeit: 49:55 min

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