Foxygen - We are the 21st century ambassadors of peace & magic
Jagjaguwar / CargoVÖ: 25.01.2013
Schwer auf Blumendraht
Blumenkinder, wie die Zeit vergeht: Fast fünf Jahre ist es inzwischen her, dass MGMT mit ihrem Debüt "Oracular spectacular" das Hippietum in der Indie-Disco etablierten und reihenweise Nachahmer auf den Plan riefen - auch wenn sich an diesen zuweilen die Geister schieden. Man denke nur an den umkämpften Thread zu Tame Impalas "Lonerism" in unserem, äh, streitbaren Forum. Versöhnlicher geht es da schon bei Foxygen aus Kalifornien zu, wenn man dem Titel ihres zweiten Albums nach "Take the kids off Broadway" glauben darf. Und tatsächlich: Friede, Freude, bunte Pillen - wer würde da nicht sofort dem wurmstichigen Big Apple den Rücken kehren und Scott McKenzie nach San Francisco folgen? Oder um es mit Jonathan Rado und Sam France zu sagen: "There's no need to be an asshole / You're not in Brooklyn anymore."
Nicht dass diese Zeile die beiden jedoch daran hindern würde, auf den musikalischen Raubzügen von "We are the 21st century ambassadors of peace & magic" auch New York einen Besuch abzustatten: Dem delirierenden Rhodes-Piano und verhuscht halluzinierenden Gesang des Openers "In the darkness" folgen nämlich bei "No destruction" sogleich kompakter Minimalgroove, freche Gitarrenlicks und Lou-Reed-Gedächtnisphrasierung - ein charmant unscharfer Wiedergänger von The Velvet Underground, der allerdings näher an deren gutgelauntem "Who loves the sun" als am Lärm von "Sister Ray" ist. Doch dass der Protagonist in der U-Bahn Dope raucht, ist immerhin endlich einmal ein plausibler Erklärungsansatz für die Schwaden, die 1970 auf dem "Loaded"-Cover der einstigen Warhol-Günstlinge aus dem Schacht aufstiegen. Aber wir schweifen ab.
Es geht schließlich immer noch um die Westküstenstadt und die Leute mit Blumen in den Haaren. Da ist es fast schon drollig vorhersehbar, dass eines der zauberhaftesten Stücke "San Francisco" heißt und eine sonnig schwelgende Keyboardmelodie mit dem verträumten Call-and-response-Duett im Refrain vermählt. Genau das Richtige nach den Wirren von "On blue mountain", bei denen dieses Album erstmals vor Tempowechseln und von allen Seiten hineinhechtenden Geisterstimmen kaum mehr aus den rotgeränderten Augen zu gucken vermag. Ganz zu schweigen vom sich mit zunehmender Spielzeit immer mehr überschlagenden Space-Rock des Titelstücks, das selbst Tame Impalas Kevin Parker heiße Ohren verpasst. "Seems like we only go backwards" - das mag auch hier stimmen, ist aber halb so schlimm angesichts solch planvollen Gewusels.
Und falls es zu abenteuerlich wird, sitzt mit Richard Swift ein Experte hinterm Mischpult, der sich bestens darauf versteht, Bedröhntheiten nach Art des erklärten Bandvorbilds The Brian Jonestown Massacre durch seine profunde Kenntnis beatlesker Psychedelia abzufedern. Klar, dass Rado und France da folgsam hinterherzockeln und im gefühligen Abschluss "Oh no 2" beteuern, Liebe sei alles, was sie brauchen, nachdem "Shuggie" vorher zu Flötengedudel und gestopfter Trompete noch über unerwiderte Gefühle klagte. Foxygen sind eben schwer auf Draht und kennen ihre Pappenheimer nicht nur, sondern haben sie auch inhaliert - mit Betonung auf Pappe, versteht sich. Vor allem bei Zeilen wie "I left my love in San Francisco / That's okay, I was bored anyway / I left my love in a field / That's okay, I was born in L.A." Und vielleicht war es ja ein strawberry field.
Highlights & Tracklist
Highlights
- No destruction
- San Francisco
- We are the 21st century ambassadors of peace & magic
Tracklist
- In the darkness
- No destruction
- On blue mountain
- San Francisco
- Bowling trophies
- Shuggie
- Oh yeah
- We are the 21st century ambassadors of peace & magic
- Oh no 2
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