
Maddy Prior with Hannah James & Giles Lewin - 3 for joy
Park / Broken SilenceVÖ: 07.12.2012
Grüner wird's nicht
Je grüner das Gras, desto frischer die Butter? Ausgefeilt war die Kerrygold-Werbung vor zehn Jahren nicht sonderlich. Ob sie seitdem besser geworden ist, liegt im Auge des Betrachters. Das Klischee des Grünen in Verbindung mit Irland aber hält sich nach wie vor: die grüne Insel. Ob sie nun so grün ist, liegt ebenfalls beim Betrachter. Das soll nicht heißen, dass die Butter qualitativ minderwertig sei. Dies zu entscheiden bleibt jedem frei. Aber was feststeht, ist, dass eine rege traditionelle Musik, der Irish-Folk, den Nimbus des kleinen Inselfleckens in wohlklingende, zugleich festgefügte Strukturen bannt. Als werde einem Geist hinterher gejagt. Innerhalb dieses Kesseltreibens sticht die 1949 in Hertfordshire geborene Maddy Prior seit guten 40 Jahren besonders heraus. Die Engländerin gilt als Mitbegründerin der legendären Folkrock-Kombo Steeleye Span, die seit 1969 an der Perfektionierung, soll heißen, an der Interpretation altenglischer Volkslieder bastelt. Ihren musikalischen Stil trennt tatsächlich nur ein geographischer Graben. Ein Katzensprung also. Folglich lässt sich in England umso intensiver die Geisterhatz betreiben.
Prior legte vor vier Jahren mit "Seven for old England" ihr beachtliches 17. Solo-Album hin. Erstaunlich ist, dass die Britin es schafft, die ausgetretenen Pfade des Irish-Folk mit feinen Nuancierungen neu zu begrasen. Auch auf "3 for joy" lässt sie sich nicht lumpen und zeigt, wie man alte Strukturen einer Frischzellenkur unterziehen kann. Der Hörer muss dabei ganz gewiss eine Offenheit für Folk und Irish mitbringen. Der Mehrwert ist ergötzenswert, zumal Prior ein panoramatisch weites Gesamtbild des Genres offenlegt. Die Nomenklaturen von Irish und Folk werden auf hohem Niveau zelebriert. Dabei zeigen sich kleine Ausbüchser in klassische Gefilde.
"Lock the door Larriston" gefällt als beinahe schon konventioneller Einstieg. Das Tanzbein schwingend und beschwipst von der eigenen Geigenmelodie wird drauflos gefolkt, um ab Minute 3:26 mit einem kräftigen Break dem Irischen am Irischen zu frönen. Als Überraschung folgt das getragene "The raiders" mit einem fast schon klassisch-barocken Expositionsteil, bevor trunkenene, melancholische Geigen eine alte Zeit heraufbeschwören. Mit "Dacre" wird eine die Schönheit selbst zu besingen scheinende A-capella-Einlage präsentiert, die im sakral konnotierten "Doffin mistress" mündet und zackiger, in weniger feierlichem Gestus von "All the birds" aufgegriffen wird. Als Klagegesang, als ein Fest der Töne in altehrwürdigen Kirchenhallen kommt das rührende "Nanine" daher. "Gankino horo" dagegen erinnert stimmungsreich an den von Nigel Kennedy mit der Kroke Band hingebungsvoll gespielten Musicculture-Clash "East meets East".
Stimmen spielen bei Maddy Prior eine signifikante Rolle, besonders die Kraft des zu sich findenden Organs. Überhaupt dominieren die Vokaleinlagen auf "3 for joy", so auch bei dem folkloristischen, wunderbar auftrumpfenden "Factory girl". Schönheit braucht manchmal nicht mehr. Das macht ihren 18. Silberling zu etwas Besonderem. Es muss nicht alles grün sein. Mit Maddy Prior aber schmeckt auch Markenbutter gleich doppelt so gut. Und das ist ein Kunststück.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The raiders
- Dacre
- Nanine
- Factory girl
Tracklist
- Lock the door Larriston
- The raiders
- Dacre
- Brisk young widow
- Doffin mistress
- Serving girls holiday
- All the birds
- Nanine
- Gankino horo
- Nauchila sa hubava doina
- An undoing world
- Factory girl
- Wondous love
- Oh my nanny
Referenzen