INXS - Kick 25

Petrolelectric / Universal
VÖ: 25.09.2012
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Übermut tut Not

Im allgemeinen Grundrauschen aus Koffeinplörre, Kajal und Koks der achtziger Jahre war so manches anders. Obwohl MTV spätestens seit Michael Jackson auch so genannte "schwarze Musik" in die Dauerrotation nahm, setzte die Musikindustrie immer noch auf eine rabiate Trennung zwischen weißem Rock und schwarzem Groove. Zeppelin und die Stones auf der einen, Prince und Jackson auf der anderen Seite. Rock musste mit Schweiß zu tun haben. Deshalb galten Achselränder noch als Zeichen von harter, ehrlicher Arbeit, nicht von miesem Deo. Dass aber eine australische New-Wave-Band namens INXS 1987 mit ihrem neuen Album nicht mehr nur die Verstärker glühen lassen, sondern gleichzeitig in die Beine gehen wollte, war natürlich skandalös. Geschenkt, dass sie nicht so bieder und langweilig wirken wollten wie diese bibeltreuen Iren. Aber eine unvorstellbare Mixtur wie "Funkrock" würde doch die Radioformate völlig überfordern!

INXS war das zunehmend egal. Sie kreuzten einfach - oh je! - schmachtenden Soul mit fiebrigem Rock. Außerdem hatten sie unschlagbare Argumente für ihr sechstes Album "Kick": Sänger Michael Hutchence' enorme Präsenz und eine Wagenladung Ohrwurmsingles. Als dann das messerscharfe Riff "Need you tonight" weltweit die Charts stürmte, war plötzlich auch das eigene Label überzeugt. Und damit nicht genug. INXS waren die "New sensation" und parkten gleich vier weitere Songs weit vorne in allen verfügbaren Hitlisten. Egal, ob es der bebende Schmalz von "Never tear us apart" war oder die klaviergetriebene Wucht von "Mystify". Das minimalistische Riff von "Devil inside" nötigte Jahre später sogar den unbestechlichen Rock-Kritikern Beavis und Butt-Head ein wenig Respekt ab. Da hatten Bands wie Red Hot Chili Peppers die konstruierten Grenzen zwischen Schwarz und Weiß längst eingerissen, und sogar U2 und Bon Jovi baten zum Tanz.

Dennoch waren natürlich auch INXS keine unfehlbaren Genies. Songs wie "Guns in the sky" hatten wenig mehr Substanz als die donnernden Drums, und im Titelstück sülzte Kirk Pengillys Saxophon den hemdsärmeligen Standardrock um die Ecke. Dennoch hatte die Band einen beeindruckenden Lauf, und es war kein Wunder, dass die gefühlte Hälfte der diversen Best-Of-Alben der Australier aus Songs von "Kick" besteht. Was die Band nach Hutchence' angemessen skandalösem Ableben mit Castingshows, inkompatiblen Ersatzsängern und anderen Peinlichkeiten noch erlebte, bevor sie sich 2012 zum wiederholten Mal endgültig auflöste, lag noch in weiter Ferne.

Das zum 25-jährigen Jubiläum mit umfassenden Linernotes als Doppelalbum neu aufgelegte "Kick", subtil als "Kick 25" betitelt, hat nun neben dem remasterten Hitalbum vor allem dokumentarischen Wert: Es beweist, dass damals die interne Qualitätskontrolle noch in Ordnung war. Aus der unaufgeräumten Sammlung verzichtbarer Outtakes, unfugiger Remixes und alternativer Aufnahmen der zweiten CD sind höchstens die B-Seite "Different world" und ein okayer Remix von "New sensation" erwähnenswert. Testosteronschwangeres Genöle wie "Jesus was a man", das das Verhalten von Jesus, Hitler und Gandhi auf deren männliche Hormone schiebt, die ejakulierende R'n'B-Leerstelle "I'm coming (home)" oder Abzählrock wie "The trap" landeten zurecht im Papierkorb. Und das erschreckend hüftsteife Demo von "Mystify" zeigt, wie gut manchmal der Rat eines Produzenten sein kann. So angestaubt auch viele der ausproduzierten Songs heute klingen mögen - mit "Kick" war INXS für kurze Zeit mal die aufregendste Band der Welt.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • New sensation
  • Devil inside
  • Need you tonight
  • Mystify

Tracklist

  • CD 1
    1. Guns in the sky
    2. New sensation
    3. Devil inside
    4. Need you tonight
    5. Mediate
    6. The loved one
    7. Wildlife
    8. Never tear us apart
    9. Mystify
    10. Kick
    11. Calling all nations
    12. Tiny daggers
  • CD 2
    1. Never tear us apart (Soul version)
    2. Move on (Guitar version)
    3. I'm coming (home)
    4. On the rocks
    5. Mystify (Chicago demo)
    6. Jesus was a man (Demo/outtakes)
    7. The trap (Demo)
    8. Never tear us aprt (live from America)
    9. Do wot yoz do
    10. Guns in the sly (Kick ass remix)
    11. New sensation (Nick 7")
    12. Different world (7")
    13. Calling all nations (Kids on bridges remix)
Gesamtspielzeit: 95:46 min

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