Dakota Suite - An almost silent life

Glitterhouse / Indigo
VÖ: 23.11.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Blitze in der Nacht

Traurigkeit ist keine schöne Sache. Sicher, manchmal gehört sie dazu, und egal, wie sehr man sich gegen sie wehrt, ist sie doch von Zeit zu Zeit unausweichlich. Zudem gibt es so unendlich viele Formen von Traurigkeit: Weil der Urlaub vorbei ist. Weil ein technischer Gegenstand endgültig den Geist aufgegeben hat. Weil die beste Freundin plötzlich nicht mehr schräg gegenüber, sondern in einer ganz anderen Ecke des Landes wohnt. Weil man etwas nicht haben kann, obwohl man es möchte. Oder weil man etwas hat, was niemand haben will. Kaum beschreiben lässt sich diese ewigbleibende, tiefe Traurigkeit, die manche bei schlichtweg allem empfinden. Einem depressiven Menschen zu sagen, dass es schon nicht so schlimm ist, bringt in etwa so viel, wie ihm klammheimlich seine Gürtel und Schnürsenkel zu mopsen. Chris Hooson, Kopf und Stimme hinter Dakota Suite, empfindet diese Traurigkeit. Sie ist klar spürbar in fast all seinen Songs, und manchmal ist sie kaum zu ertragen. Und das sagt jemand, der die Musik nur hört und nicht geschrieben hat.

Was Hooson nun seit geraumer Zeit aufrecht gehen lässt, ist seine Frau Johanna. Ihr widmete er bereits sein letztes Album "The side of her inexhaustible heart", und auch die Songs seines neuen Albums "An almost silent life" sind von ihr inspiriert. So steht in den Liner Notes "For Johanna, because you cover me with grace in all that you do". Es ist diese Johanna, die auch den Titel dieses schwierigen Werkes besser verstehen lässt. Ein Leben, das nur fast leise ist, weil etwas seine Traurigkeit durchbricht wie ein Blitz bei Nacht. Doch zu einem Blitz gehören in der Regel auch Donner, Regen und Gewitter. So ähnlich lässt sich auch Hoosons Gefühlswelt beschreiben: Zwar ist "An almost silent life" deutlich euphorischer als seine letzten Werke, allerdings keineswegs einfach. Der Opener "I see your tears" stimmt trotz des traurigen Texts hoffnungsvoll, während der Bass von David Buxton - der das Album auch produziert hat - für einen geradezu positiven Einschlag sorgt. Ein Wiederhören mit Quentin Sirjacq gibt es im folgenden "If you've never had to run away", dessen Pianospiel sich mit den Streichern vereint und in einer sehnsüchtigen Sinfonie endet.

Ob mit Absicht oder ohne, ist es auch auf "An almost silent life" oft genug ein Kraftakt, sich Hoosons emotionaler Tieflage nicht komplett hinzugeben. Deshalb braucht es manchmal schon ein fast poppiges Stück wie "Lumen", das die Stimmung wieder erhellt und den Hörer aus dem tiefen Tal befreit, in das Hoosons Musik hinabzieht. Dabei spricht das im Grunde nur für ihn. Ohne Gänsehaut durch das akustische "I recoiled so violently I almost disappeared" zu kommen, dürfte an ein Wunder grenzen, während sich die Tränen ausgerechnet bei "Don't cry" kaum noch zurückhalten lassen. Und doch bleibt bei jedem einzenen der 13 Stücke klar, dass es sich nicht etwa um die Vortäuschung falscher Tatsachen im Zuge einer ausgeklügelten Marketingstrategie handelt, sondern um die Leiden eines jungen Mannes, den nur seine endlose Dankbarkeit an die Liebe oben hält. Spätestens dann, wenn es vorbei ist und die letzten Töne vom beinahe trotzigen "Without you" erklungen sind, stellt man fest, wie gut man es doch in vielen Bereichen seines Lebens hat, oder vielleicht auch nur besser als andere. Und schon steht man am Fenster und hält Ausschau nach den Blitzen in der Nacht, falls es doch mal wieder dunkler werden sollte als sonst.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I see your tears
  • If you've never had to run away
  • Everything lies
  • I know your desolate places

Tracklist

  1. I see your tears
  2. If you've never had to run away
  3. An almost silent life
  4. Last flare from a desperate shipwreck
  5. Everything lies
  6. Lumen
  7. I recoiled so violently I almost disappeared
  8. A comfortable lie
  9. Wanneer de pijn ons doet scheiden
  10. Don't cry
  11. I know your desolate places
  12. Top rocker
  13. Without you
Gesamtspielzeit: 53:20 min

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