Asaf Avidan - Different pulses
Polydor / UniversalVÖ: 23.11.2012
Grab in Sicht
"One day, baby, we'll be old." Und dann? Dann läuft die Piano-Interpretation des zitierten Songs auf etlichen Beerdigungen, wetten? Diese Version, die Avidan mit Klavier und Cello aufgenommen hat, braucht sich hinter dem Original "Reckoning song" und dem überhypten Wankelmut-Remix auch keineswegs verstecken. Zukunftsmusik im wahrsten Sinne des Wortes. Beerdigt wurden im Hier und Jetzt aber Asaf Avidan & The Mojos, die nach einer vorläufigen Pause schließlich ihre endgültige Auflösung bekanntgaben. Die Band, die unter der Leitung Avidans drei Alben in Eigenregie unter die Leute brachte und schließlich die Grundlage für einen der Sommerhits 2012 lieferte, trennte sich - ihr kreativer Kopf und Gründer aber stellte mit einem Anfang des Jahres veröffentlichten Live-Album klar, dass es das keineswegs gewesen sein sollte.
Schon der Titel des neuen Werks lässt vermuten: Avidan versucht nicht, den Sound seiner Ex-Band zu kopieren. "Different pulses" unternimmt keine Blues-Rock-Ausflüge mehr und versetzt seinen Folk-Sound stattdessen ab und an mit elektronischen Spielereien. Vor allem aber stellt Avidan seine außergewöhnliche Stimme noch weiter in den Vordergrund und zählt darauf, dass dieses Markenzeichen seine Songs trägt - schließlich hat das auch bei Wankelmut funktioniert. Tatsächlich wäre "Different pulses" ohne Avidans heiser klagendes Organ weniger abzugewinnen. Mit den drei Bandalben kann das Solowerk nicht mithalten.
Avidan serviert ausgelassenen Folk-Pop. Der war zwar auch schon auf früheren Werken zu hören, dort aber eben nicht ausschließlich. Konsumiert ein Hörer die ersten zwei Stücke der Platte unkonzentriert, könnte er glatt auf die Idee kommen, die Repeat-Taste gedrückt zu haben. Dass diese Beiden sich in Tempo, Rhythmus und Stimmung so ungeheuer ähnlich sind, wäre nicht aufgefallen, folgten sie nicht direkt aufeinander. So aber scheint die Zusammenstellung beinahe den Titel "Different pulses" parodieren zu wollen. Nichtsdestotrotz weiß die Stimme Avidans wirklich zu berühren und schafft auch in Kombination mit den nicht immer erstklassigen Instrumentals eine tolle Stimmung.
Der Titeltrack beispielsweise ist trotz unnötiger Ähnlichkeit mit "Setting scalpels free" durchaus gelungen und führt nachdenklich mitleidheischend in eine sehr emotionale Dreiviertelstunde. "Conspiratory visions of Gomorrah" bricht auf angenehme Weise aus dem etwas eintönig gestalteten Kosmos der klassischen Folk-Instrumentierung aus und wartet mit elektronischer Percussion und Trompete auf. Und wenn Avidan zum Schluss über ein sanftes Synthie-Vibrato fragt: "Honey, is this really it?", wünscht man sich doch irgendwie, dass es das noch nicht gewesen ist mit dieser Platte. Der erste und der letzte Eindruck zählen? Schwein gehabt!
Highlights & Tracklist
Highlights
- Different pulses
- 613
- Conspiratory visions of Gomorrah
- Is this it
Tracklist
- Different pulses
- Setting scalpels free
- Love it or leave it
- Cyclamen
- 613
- Thumbtacks in my marrow
- Conspiratory visions of Gomorrah
- A gun & a choice
- Turn
- The disciple
- Is this it
Referenzen
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