Troy von Balthazar - ...Is with the demon
Vicious Circle / CargoVÖ: 19.10.2012
Das Trauerblümchen
Manche Dinge werden eben erst später entdeckt. Ist ja an sich nicht schlimm, man kann ja nicht immer am Zahn der Zeit sein. In den 90er Jahren war die Internet- und Blogkultur ja auch noch nicht so selbstverständlich wie heute. Deswegen verwundert es wirklich nur kurz, dass in Kritiken zu Troy von Balthazar vor allem zwei Dinge ständig zu lesen sind: erstens, dass der Mann mit hawaiianischen Wurzeln mal bei der Sadcore-Formation Chokebore gespielt hat und zweitens, dass die wiederum mal als Vorband von Nirvana zu sehen waren. Was für einige eine ähnlich neue Information ist wie etwa die Tatsache, dass Äpfel an Bäumen wachsen, mag für andere wirklich neu erscheinen. Dass Troy von Balthazars neues Abum "...Is with the demon" weder mit dem einen noch mit dem anderen viel gemeinsam hat, stört da nur bedingt.
Der dritte Soloflug des ehemaligen Rockers führt ihn nämlich nunmehr einen weiteren Schritt weg von seinem ursprünglichen Pfad. Keine schlechte Idee, macht er mit Gitarre und seinem schaurig-traurigen Gesang in der derzeitigen Jahreszeit ohnehin mehr her. Zwei Jahre sind vergangen, seit "How to live on nothing" erschienen ist, und mittlerweile sollte auch dem Letzten klar sein, dass der Gute vielleicht nicht unbedingt nonstop am Boden zerstört ist, seine Musik aber immer trauriger klingt. Mehr noch: Von Balthazars Stimme wirkt stellenweise zart und zerbrechlich wie eine kleine Blume, die am Straßenrand aus dem Asphalt wächst und der stets der Tod durch Platttreten droht. Auf dem grandiosen Opener "Tropical" etwa sorgt die Falsettstimme in der ersten Strophe für ein fast mitleidiges Gefühl, während die akustisch vorgetragene Melodie sich ihren Weg auf wohlig-warme Weise in die Gehörgänge spielt.
Die Grenze zwischen trauriger Schönheit und schöner Traurigkeit ist auf "...Is with the demon" nicht immer ganz deutlich. Flüsternd beginnt "White sailboat", und während zugleich dunkle Wolken den Himmel über dem weiten Ozean bedecken, bleibt das einsame kleine Boot auf Kurs, irgendwo hört man ein leichtes Echo, die Bedeutung des Songs lässt Fragen zurück. Positiv gestimmer begegnet dem Hörer "Queen of what?", das nach dem ersten Drittel aus sich herauskommt und beinahe eine aufbrecherische Stimmung erzeugt, wäre - ja, wäre da nicht das Ende, das wieder so fragil und schutzlos am Boden liegt, bis man nur noch ganz leise den Gesang vernimmt, der zu verschwinden scheint.
Man braucht keinen Übersetzer oder Deuter, um die Grundstimmung des Albums zu verstehen. Dass es dennoch einen (natürlich todtraurigen) Song mit dem Titel "About being hurt" gibt, ist nicht nur eine offensichtliche Konsequenz, sondern eben auch eine Aussage. Mit Emotionen wird hier nicht mehr hinter dem Berg gehalten, und die melancholische Atmosphäre zieht sich wie ein roter Faden durch die Songs. Das Ende mit "Viva" mitsamt der nachdenklich stimmenden und sich wiederholenden Zeile "That's just the ceiling, that's not the sky" und dem Zusatz "I am a boy that thinks he's free / You area girl that smothers me" klingt beklemmend und stimmt den Hörer trübe, der dennoch natürlich wieder den "Play"-Knopf drückt und diesen düsteren Weg ein weiteres Mal gehen möchte - aber bitte nicht auf das Blümchen am Straßenrand treten.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Tropical
- Coco
- Queen of what?
- Viva
Tracklist
- Tropical
- Coco
- About being hurt
- Distresses
- White sailboat
- Tiger vs. pigeon
- Applause
- Butter
- Queen of what?
- Purple gold eye
- Zeros
- Viva
Referenzen
Spotify
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