Rangleklods - Beekeeper

Schoenwetter / Ink Music / Rough Trade
VÖ: 19.10.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Eine Wissenschaft für sich

Die Augen sind noch geöffnet, aber irgendwie auch nicht. Der Kopf taumelt wie ein angeschlagener Boxer in Runde 9, neigt sich im 35-Grad-Winkel nach vorne und zuckt wieder zurück. Hätte man sich doch nur diesen verdammten Kaffee mit in die Vorlesung genommen. Jeder Student hat diesen Kampf sicherlich schon einmal gefochten: Schlafbedarf gegen Hegels Dialektik, Ermattung gegen den Korrelationskoeffizient nach Bravais und Pearson. Das kann natürlich daran liegen, dass aus dem einen Bier, das man gestern trinken gehen wollte, wieder sieben wurden. Das liegt aber oft auch daran, dass am Rednerpult jemand steht, der seinen Doktor anscheinend in Monotonie gemacht hat. Ganz anders Professor Esben Andersen alias Rangleklods.

Jener aus Dänemark stammende Elektrotüftler mit fabulösem bürgerlichen Namen und noch merkwürdigerem Künstlernamen lehrt tatsächlich die Komposition elektronischer Musik an einer Hochschule in Jutland. Und wenn man sich sein Erstlingswerk "Beekeeper" nun als Vorlesung vorstellt, dann hängt man dieser Lehrkraft quasi an den Lippen. Gewieft fasst er den Forschungsstand in Sachen Electronica zusammen. Hierbei zitiert er unter anderem Werke von WhoMadeWho, Hot Chip, den frühen Metronomy und Twin Shadow. Für seinen eigenen Forschungsansatz wählt er jedoch die interdisziplinäre Methode: Computergeneriertes trifft auf die eigens eingespielte Gitarre.

So kommt es, dass ein Song wie "Empty" zunächst Interpol-Referenzen ins Gedächtnis rufen kann, um diesen Eindruck dann Augenblicke später unter dicken Beat-Walzen zu erdrücken. Und während sich der Song, oder das von ihm übrig ist, schließlich in Gitarrenverzerrungen und knarzigem Gepolter auflöst, weiß man schon: Von diesem Album kann man noch viel erwarten. Vielleicht setzt dieser Moment aber auch noch früher ein. Nach 2:26 Minuten zum Beispiel, wenn sich im getragenen "Clouds" diese weibliche Stimme mit den Worten "I told you I was nothing but a heartbeat" herausschält.

Was bleibt? "On top", definitiv der böse Zwilling einer Hot-Chip-Ballade. Eine Folk-Nummer namens "In charge", die selbst nicht ganz genau weiß, wie und wo sie hier hereingeraten ist, sich aber dennoch pudelwohl fühlt. Durchaus verständlich, wenn man tracklist-mäßig neben "Cough", sicherlich einem der Songs des Herbstes, eingeordnet ist. Wie sich die hiesigen Synth-Läufe über durchgenudelte Orgelsamples winden und dabei mit Andersens Stimme harmonieren - ja, was soll man dazu sagen? Schön. "Every time I cough is like I taste you." Noch schöner.

Aus diesem Schema ausbrechend, diffundiert "Order" durch den Klangraum, als sei es aus dem zweiten Metronomy-Album "Nights out" ausgebrochen. Alles pluckert hier so wunderbar durcheinander, dass auch die sinnfreie Buchstabenzusammenwürfelung des Namens Rangleklods plötzlich Sinn ergibt. Und sollte so nicht auch das Studium verlaufen? Weg vom stromlinienförmigen Bachelor-System hin zum in alle Richtungen strebenden Experiment à la Rangleklods. Holt die Drittmittel ein! Professor Andersen for Bologna-Reform!

(Marco Wedig)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Empty
  • On top
  • Cough
  • Riverbed

Tracklist

  1. Clouds
  2. Empty
  3. Puzzlehead
  4. On top
  5. In charge
  6. Cough
  7. Riverbed
  8. Enklave
  9. Order
  10. Beekeeper
Gesamtspielzeit: 44:08 min

Im Forum kommentieren

jion

2014-09-10 23:59:45

in wahrheit eine gute 9/10! hätte auch die 10 sein können.

e.c.

2013-03-23 08:34:42

https://www.youtube.com/watch?v=m4FtoboKMqA

https://www.youtube.com/watch?v=yZRIbl7IS18

e.c.

2013-03-23 08:31:01

schönes atmosphärisches album, top produziert!

8/10

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