Tall Ships - Everything touching
Big Scary Monsters / Al!veVÖ: 09.11.2012
Raum um Raum
"Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne / Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben. / Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten / An keinem wie an einer Heimat hängen", heißt es in Hermann Hesses Gedicht "Stufen". Klar, Jupiter Jones haben sich dieser Zeilen schon angenommen, aber eigentlich hätte Hesse, in prophetischer Voraussicht, "Everything touching" von Tall Ships kaum besser beschreiben können.
Die Dreier-Formation aus Brighton definiert ihren Zauber in sich tragenden Anfang zunächst mathrock-kompatibel eineindeutig mit "T=0". Der wuchtige Opener kommt genau wie das anschließende "Best ever" noch mit wenig beziehungsweise keinem Text aus. Aber diesen braucht es auch nicht. Die vielschichtigen Rhythmen und Klänge zeigen schon allein deutlich auf, wie raumgreifend diese Kompositionen sind. Die Nachbarschaft zu Battles liegt dabei schnell auf der Hand, eine Mathrock-Platte ist das hier aber trotzdem nicht. Dafür ist das gesamte Album zu sehr von gutartiger Sanftmütigkeit überlagert, die so gar nicht technisiert daherkommt. Immer wieder helfen auch die Chöre, die fast vergessen machen, dass es sich hier um ein Drei-Mann-Gespann handelt, diese neuen Ebenen zu erschließen. Als sich "Ode to ancestors" nach einer Verschnaufpause zu neuen Höhen aufschwingt, erinnert das überdies an Wintersleep auf "Welcome to the night sky".
Zeilen wie "You are a triumph in natural selection / Every mutation leading to your perfection" zeigen eine wissenschaftliche, intelligente, aber keineswegs nüchterne Romantik, die diese Band auszeichnet und wohl auch Bildungsroman-Autor Hesse gefallen hätte. Die anschließende, getriebene Suche nach Hoffnung in "Gallop" hätte keinen anderen Titel mehr verdient gehabt und bildet thematisch die wohl düsterste Sphäre des Albums: "Hope is hard to find / When you don't know what you're looking for / And you're constantly behind / Thinking there must be something more."
"Murmurations" setzt das Albumdebüt dann wieder auf Null. Es beginnt puckernd, als würde es mit Nadelstichen das Trommelfell punktieren und pumpt dann wie ein gesundes Herz Kraft in den Klangkörper des hochkarätigen Neunminüters. Alle Instrumente scharen sich dabei sukzessive und Raum um Raum zusammen, genau wie es über 40 Freunde, Familie und Fans in einer örtlichen Grundschule taten, um "Everything touching" hier abschließend diesen freudvollsten Chor des Albums zu verpassen. Genau das sind die warmherzigen, eben fast schon familiären Momente, die solch relativ komplexen Songstrukturen bei anderen Bands oft abgehen, bei Tall Ships jedoch komplett aufgehen und diesem Album einen besonderen Platz einräumen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- T=0
- Ode to ancestors
- Murmurations
Tracklist
- T=0
- Best ever
- Phosphorescence
- Oscar
- Ode to ancestors
- Gallop
- Idolatry
- Send news
- Books
- Murmurations
Im Forum kommentieren
The MACHINA of God
2019-09-20 21:34:34
Der Opener ist riesig. Mit "Meditations on loss" für mich klar ihr bester Song.
Pivo
2019-09-19 10:21:24
Wie geil ist denn Bitte der Opener..... Bin erst mit ein paar Jahren Verzögerung auf die Band aufmerksam geworden, aber allein schon der erste Song macht Bock auf die ganze Scheibe... !!
Gomes21
2017-02-22 10:01:18
Yes, please!
The MACHINA of God
2017-02-22 09:58:36
Frg mich auch, wann das endlich kommt.
BibaButzemann
2017-02-22 09:13:02
Ich will ein Album!
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