Pig Destroyer - Bookburner
Relapse / Rough TradeVÖ: 02.11.2012
Poesie des Massakers
Ein Metzger erwacht. Er nimmt ein Glas und spült 20 Speed-Pillen mit einem großen Schluck Single Malt runter. Er nimmt ein Hackebeil. Er geht eine verschmutzte Treppe runter, in einen nach Moder riechenden Keller. Er spürt die Wirkung der Droge und wird immer schneller. Er betritt durch eine rostige Tür einen kalkigen Raum, in dessen Mitte eine nicht mehr frische Schweinehälfte an grünspanigen Haken hängt. Er fängt an, unter der Wirkung seiner Überdosis auf das Fleisch einzuhacken. Schneller und schneller und schneller und schneller ... Wie das Endresultat wohl aussehen mag, ist leicht vorstellbar. Aber wie könnte es klingen? Pig Destroyer machen es sogleich vor: Massaker.
Was sich gut als Einstieg in einen Splatter-Streifen gibt, ist gerade gut genug für ein mächtig derbes Grindcore-Ungetüm, das die Herren aus dem beschaulichen Virginia aus ihrem dumpfen Probe-Keller heraufbeschwören. Ungetüm ist noch euphemistisch, vielmehr ein Monstrum, welches seinesgleichen sucht. Es wird gehackt, es wird zerstört, es wird massakriert, bis alles, was sich nähert, nicht größer als zwei Zentimeter im Durchmesser ist. Und das alles ohne Bass. Wozu auch? Die White Stripes, Gott habe sie selig, haben sich auch ohne Bass eine Sieben-Nationen-Armee angelegt. Was die konnten, können Pig Destroyer erst drei Mal so recht und legen sich nicht nur mit einer Riesenarmee, sondern gleich mit der ganzen Welt an. Schweine gibt es genug da draußen.
Nach der Trennung von Schlagzeuger Brian Harvey bläst "Sis" mit Adam Jarvis an der Trommelbude die Richtung vor: derbe, kaum verdaulich. Hart, härter, "Sis". Shouter J. R. Hayes erbricht Zentnerschweres. Der Text verstört, die Double-Bass prügelt, und eine schmerzliche Wut tropft aus jeder Note. Hier findet sich eine Symbiose, wie kaum eine andere: ein in Töne gegossener Hemingway, gepaart mit den tiefsten Abgründen Nietzsches, mit der Trostlosigkeit Eliots und der Surrealität eines Burroughs. "Sis" endet so rasch, wie es anfing. "The American's head" nimmt den Faden auf, hält den Pegel. Hass, Wut, Schmerz. Das alles in knapp eineinhalb Minuten. Die Rasanz ist schwindelerregend. Die Wände beben, und der Hass bricht sich weiter Bahn, unaufhaltsam aus den Innereien einer kaputten Welt, deren Sprachrohre zu sein sich die Mitglieder der Band zur Lebensaufgabe gemacht haben. Es ist müßig, alles auseinanderzureden. Die 19 Kompositionen halten das hohe Niveau, Verschnaufpausen gibt es nicht. Alles wird zerstört, nicht nur Schweine und Schweinehälften.
Mit "Permanent funeral" ersteigt noch ein Vier-Minuten-Untier von einem Song aus den Wehen von "Bookburner". Erbarmen wird auch hier vergebens gesucht. Die Brutalität peitscht wie ein Dämon von Wand zu Wand. "The light ruins everything / you know it's true." Damit ist alles gesagt, und der bestialische Akt der Bücherverbrennung verklingt langsam in den Untiefen der Hölle. Da es zu viele Schweine gibt, braucht die Menschheit mehr Alben wie "Bookburner" und mehr Bands wie Pig Destroyer. Auf in eine bessere Welt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sis
- Eve
- Machiavellian
Tracklist
- Sis
- The American's head
- The underground man
- Eve
- The diplomat
- All seeing eye
- Valley of the Geysers
- Bookburner
- Machiavellian
- Baltimore strangler
- White lady
- The bug
- Iron drunk
- Burning palm
- Dirty knife
- Totaled
- Kamikaze heart
- King of clubs
- Permanent funeral
Referenzen
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