Earthship - Iron chest

Pelagic / Cargo
VÖ: 12.10.2012
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Eiersalat in Rock

The Ocean sind eine Institution. Elaboriert, progressive as fuck und immer mit viel Gehirnschmalz durch die Wand. Mitunter der anspruchsvollste Metal der Gegenwart. Nun sind der Band einige wichtige Mitglieder für ein mindestens ebenso anspruchsvolles Projekt abtrünnig geworden. Earthship sind auch elaboriert, diesmal progressive as hell und mehr Breitwand als durch die Wand. Musik wie das Aufkommen einer ziemlich steilen Geilheit, deren Intensität aber nicht abnimmt. Und das auf den Punkt, bitte.

Wo sich Old Man Gloom allmählich in nicht nachvollziehbare Drone-Langweile laviert haben, prescht der Opener "Old widow's gloom" gleich am männlichen Namensvetter vorbei und dürfte jedem Metal-Gourmet mindestens einen auditiven Orgasmus im Doppelpack bescheren: Sludge-Riffs, die tiefer im Dreck stecken als der Allerwerteste Satans und Geshoute kurz vor Stimmbandbruch eines Sängers mit dem Testosteronspiegel eines Berserkers, der gerade durch die chinesische Mauer bricht. Der Dampf, den Earthship produzieren, dürfte noch von der Mars-Sonde Curiosity erfasst werden. Dabei ist das Ganze sogar so sexy wie der nackte Arm eines Anabolika-Pumpers im Fitnessstudio.

"Athena" wälzt sich gleich wie eine Tonne Frischfleisch von einer Laderampe Richtung Fleischwolf und zeigt den alternden Black Sabbath, wo ihnen zeitlebens die Eier geklemmt haben. Progressive ist das, und retro gleich dazu. "Iron chest" macht seinem Namen gleich dreifach Ehre und zermalmt Helmets ikonischen "Ironhead" in der Stahlpresse. Ein aus dem zehnten Stock geworfener Backstein, der direkt auf der Schädeldecke landet. Wenn es die Stahl-Wurst gäbe, hätten Earthship sie erfunden. "Eyes in the night" produziert gleich soviel Beinhaar-Elektrizität, das halb Berlin mit Strom versorgt werden könnte. Und gleich darauf rückt dem Hörer das todesfette Gegroove von "Brimstone" mit einem vollen Pfund Hormonen zu Leibe. Ein Druck von der Wucht landverschlingender Tsunamis. Die Stimme des Sängers wie eine Abrissbirne im freien Fall, von deren vernichtendem Aufschlag auch das folgende "Catharsis" einen Eindruck gibt. Ein reinigendes Gewitter mit Betonung auf Gewitter.

Immer weiter geht es, stets zwischen die Beine mit dem Eisenhammer. "Silver decay" reißt sogar die großartige letzte EP der Sludger von Down in Stücke - wie ein Steinmassiv vor einer Atombombe. Allerdings ist schwer zu entscheiden, ob der Song nun Steinmassiv oder Atombombe ist. "Shattered" schlägt ruhige Töne im ungewissen Grau der Vorzeit an. "Depression comes", raunt es sinister-elegisch, bevor sich harte Eisenketten zwischen die Synapsen legen und Gehirn einquetschen. Ein Sog tief in das Auge des Tornados. "Teal trail" gibt zu guter Letzt als Uptempo-Rausschmeißer den unvermeidlichen Arschtritt, wobei der Stahlkappen-Stiefel gleich in der Kimme stecken bleibt. Und so sind Earthship mit ihren Zentnern Gewicht wohl eher ein Erdbeben. Oder mindestens ein Aphrodisiakum mit Pepperoni-Schärfe. Welcher Liebhaber harter Musik könnte hier widerstehen? So macht das Warten auf etwas Neues von The Ocean wieder Spaß. Von der nächsten Earthship-Platte ganz zu schweigen.

(Peter Somogyi)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Old widow's gloom
  • Athena
  • Iron chest
  • Brimstone

Tracklist

  1. Old widow's gloom
  2. Athena
  3. Iron chest
  4. boundless void
  5. Eyes in the night
  6. Brimstone
  7. Catharsis
  8. Silver decay
  9. Shattered
  10. Teal trail
Gesamtspielzeit: 42:55 min

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