
Murder By Death - Bitter drink, bitter moon
Bloodshot / IndigoVÖ: 12.10.2012
One for the road
"Der Mond ist voll, und ich hab auch schon Durst." Ein Schelm, wem beim Titel des sechsten Albums von Murder By Death derart halbgare Kalauer einfallen, denn das Quintett aus Indiana verhandelt von jeher dunkle bis dustere Dinge. Da mischt der Leibhaftige ein Städtchen auf, erklingen Mörderballaden aus dem Eichensarg, und eine Frage wie "Who will survive, and what will be left of them?" verheißt zumindest inhaltlich nichts Gutes. Ganz im Gegensatz zum streicherbewehrten Indie-Rock unter Zuhilfenahme von Southern Gothic und Americana - der war genauso wie Songtitel der Marke "Kentucky Bourbon" oder "As long as there is whiskey in the world" immer schon einen guten Schluck wert. Auch wenn es sich zuweilen wie angedeutet um bitteres Gesöff handelt. Doch Murder By Death könnten sich inzwischen auch ein edleres Tröpfchen leisten.
Statt der für die Produktion von "Bitter drink, bitter moon" anvisierten 100.000 Dollar kam auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter nämlich beinahe das Doppelte zusammen. Die fünf danken es den Unterstützern mit 13 exquisiten Songs zwischen wüster Outlaw-Verzweiflung und energetischen, knorrigen Rockern, bei denen John Congleton von The Paper Chase einige herrlich böse Abende am Mischpult zugebracht haben wird. Schon auf der Single "I came around" donnern die Drums geräuschvoll vorwärts und werden die Gitarren zornig, während der Bass die Eingeweide so nachhaltig zerwühlt, dass selbst die Geier irritiert von ihrer Mahlzeit aufschrecken. Dazu sackt Sänger Adam Turla gramgebeugt zusammen: "Now I sit weeping by a coffin / Clutching a bottle in my fist." Tod, Teufel und Hochprozentiges waren wieder einmal stärker.
Dabei fängt alles mit der ebenso wehmütigen wie unheilvollen Kindheitserinnerung "My hill" betont harmlos an: Zu einsamer Gitarre hockt Turla auf seiner vermutlich ebenso einsamen Landschaftserhebung, wünscht sich eine Schusswaffe - und steht den Protagonisten auf "Bitter drink, bitter moon" offensichtlich weitaus unversöhnlicher gegenüber als der musikalisch geistesverwandte David Eugene Edwards dem ruinösen Treiben der armen Sünder, die die Songs von Wovenhand bevölkern. "The curse of Elkhart" etwa hetzt sich zu halsbrecherischem Uptempo mit manischen Handclaps und Bläserstichflammen zu Tode, und wo Calexico die "Ballad of Cable Hogue" noch mit Quetschkommode und französelnder weiblicher Gesangseinlage abfederten, dürfte es "Ditch Lilly" im gleichnamigen Kriecher noch eine Spur ärger ergehen.
Doch obwohl bei praktisch jedem Song heißer Sand, sengende Sonne und drohendes Verderben vor dem geistigen Auge auftauchen, steckt "Bitter drink, bitter moon" voller erhebender Momente - und das nicht nur, weil jeden Moment jemand "Hängt sie höher!" rufen könnte. Auch "Straight at the sun" wüstenrockt sich mit knurrendem Tieftöner, rasenden Riffs und wohlgesetzten Breaks in die erste Reihe jeder Hinrichtung, wogegen anderswo der von Okkervil River rekrutierte Scott Brackett spitzfindige Glanzlichter auf Mandoline, Theremin oder Akkordeon setzt und Sarah Baillets Cello immer wieder die Rolle eines Lead-Instruments übernimmt. Gegen Ende scheint dann Ruhe einzukehren - bis "Ghost fields" auf Turlas Hügel zurückkehrt und im Taumel eines umnachteten Western-Walzers verpufft. Tosendes Finale, ebensolcher Applaus. Henkersgläschen gefällig?
Highlights & Tracklist
Highlights
- My hill
- Straight at the sun
- The curse of Elkhart
- Ghost fields
Tracklist
- My hill
- Lost river
- Straight at the sun
- No oath, no spell
- I came around
- Hard world
- Ditch Lilly
- The curse of Elkhart
- Ramblin'
- Queen Mab
- Go to the light
- Oh to be an animal
- Ghost fields
Im Forum kommentieren
Arne L.
2024-09-18 14:34:08
Wir hatten eine kleine Auszeit, aber es ist und bleibt einfach meine Lieblingsband. In dem Moment, in dem heute in meiner Playlist "Lost river" anfing, ist mein Herz vor Freude gesprungen.
Arne L.
2021-11-15 02:50:33
Selbst wenn man die vorherigen Alben nicht mochte, aber Liebe für handgemachte, komponierte und traditionell gemachte Gitarrenmusik hat, muss man hier reinhören. Das Cello von Sarah Balliet überwältigt einen aus der Kalten heraus und begeistert allein deswegen umso mehr.
Mr. Fritte
2012-11-09 20:27:32
Super Album! Ich war zwar erst ein bisschen irritiert, dass der Gesang plötzlich komplett anders klingt als auf "Who will survive...", der einzigen anderen CD, die ich von denen kenne, aber da kann man sich schon dran gewöhnen.
Sick
2012-11-04 03:05:20
Hm, die Band hab ich bis jetzt komplett ignoriert.
Aber das hier ist gut. Ja, wirklich.
Hoschi
2012-10-31 18:26:11
Sehr sehr gutes Album welches aber allerdings leider ab Song 7 rapide abfällt....
Bis Song 6 würde ich sagen eines der besten MBD Alben!
Danach zündet erst wieder der letzte Song(ist wohl bei denen Tradition dass sie gute Abschlusssongs schreiben können) ...
Schade schade."Who will survive" bleibt unerreicht.Aber immer noch besser als das letzte.
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