Tame Impala - Lonerism
Modular / Rough TradeVÖ: 05.10.2012
Um den heißen Brei
Es gibt Tage auf diesem ansonsten wunderbaren Planeten, die möchte man einfach nur verdammen. Nicht grundsätzlich, aber hin und wieder. Ein wahrscheinlich verregneter Liverpooler Julitag anno 1957, der gemeinhin als der Urknall moderner Popmusik zu gelten hat, wäre wohl so einer. Paul McCartney trifft John Lennon, der Rest ist kulturelles Gemeinwissen. Manchmal fragt man sich ja, wie Musik vor den Pilzköpfen überhaupt möglich war. Alles ist Beatles und die Beatles sind alles. Nichts also gegen die Briten, die uns viele wunderbare Alben und Songs geschenkt haben - man kann ihnen ja nicht vorhalten, dass sie die nächsten rund 50 Jahre die Popmusik dermaßen nachhaltig beeinflussen sollten. Ärgerlich ist dann nur, wenn eine Band wie Tame Impala daherkommt, sich kaltschnäuzig Melodien und Gesangslinien bei den Fab Four entlehnt, drumherum irgendwas mit Prog und Rock zusammenschrubbelt, das so schlierig und ungenau ist, dass das Feuilleton in seinem altbekannten Reflex gar nicht anders kann, als sich vor Freude in die Buchse zu strullern. Warum, bleibt ein Rätsel.
Ebenso rätselhaft ist die Antwort auf die Frage, wer denn da nun eigentlich der schlimmere Finger ist: Tame Impala, die ja eigentlich nur das machen, was sie machen, oder eben die schreibende Zunft, die hier mal wieder mit allzu leichter Feder State Of The Art und was nicht noch alles raushört. So also muss Popmusik 2012 klingen, wenn man es bis an die Spitze der Jahrescharts schaffen möchte: vor sich hinrumpelnde Drums, durch Raum und Zeit wabernde, quietschig psychedelische Synthesizer, Gitarren- und Basslinien, die sich schief um alles herumschlängeln sowie eine unter welchen Drogen auch immer stehende Stimme, die sich so seltsam entrückt gleichermaßen über und hinter allen anderen Instrumenten befindet, dass man gar nicht weiß, wo man jetzt genau hinhören soll. Alles matscht nebeneinander her und türmt sich übereinander auf, bis zu oft ein undurchdringlicher Brei entsteht. Doch in den lichten Momenten, wenn tatsächlich einmal alles zusammenpasst und die Mitglieder gleichsam miteinander wollen, dann kommt wirklich Großes dabei heraus. Leider ist das nicht immer der Fall. "Lonerism" wirkt bisweilen zu gewollt ambitioniert neben der Spur und damit zu aufdringlich. Etwas mehr Subtilität hätte dem Album sehr gut getan.
Dieser seltsame Brei wirft aber tatsächlich wie durch ein Wunder ein paar schöne, verquere Hits wie "Mind mischief" und "Feels like we only go backwards" ab. Man muss "Lonerism" nur ein bisschen Zeit geben. Denn natürlich ist auch das zweite Album von Tame Impala zwischenzeitlich ein gutes geworden. Kein Grund aber, sich deswegen gleich den Gnadenschuss zu geben, weil eh nichts Besseres mehr kommen wird. Und Vorhaltungen, der Rezensent habe weder die Beatles noch die Ursprünge des Prog verstanden, wahrscheinlich nicht einmal in den Sechzigern und Siebzigern gelebt und kenne LSD nur vom Hörensagen, helfen auch nicht weiter. Die Welt, in der er lebt, muss grau sein. Tja, das stimmt wohl, ändert aber nicht viel daran, dass "Lonerism" lediglich schöne Ideen und Melodien hat, die sich im besten Fall aus dem gnadenlos verwischten Sound freilegen und zeitweise alles plötzlich so schön bunt werden lassen. Natürlich kann man das grandios und wow! finden. Muss man aber nicht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Mind mischief
- Feels like we only go backwards
Tracklist
- Be above it
- Endors toi
- Apocalypse dreams
- Mind mischief
- Music to walk home by
- Why won't they talk to me
- Feels like we only go backwards
- Keep on lying
- Elephant
- She just won't believe me
- Nothing that has happened so far has been anything we could control
- Sun's coming up
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Antworte ich dich
2019-07-14 19:35:26
gestern!
Frage ich mich
2019-07-14 19:20:40
An welchen Tag packen wir das ganze nun an um 19Uhr?
Verstand
2019-07-13 21:09:03
heute: freier Eintritt
Frage ich mich
2019-07-13 20:37:41
19Uhr morgen?
Mr. Orange
2019-07-13 19:16:26
Wo muss man sich anmelden und was kostet es?
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