Fritz Kalkbrenner - Sick travellin'
Suol / Rough TradeVÖ: 19.10.2012
Trampolin
Man könnte ja noch einmal einen Werbesspruch vergangener Jahre bemühen, verstünde man sich als bedingungsloser Verfechter von Fritz Kalkbrenner: "Paul. Wer ist eigentlich Paul?" Allerdings sind die Karrieren der beiden Kalkbrenner-Brüder eng miteinander verwoben, seitdem sie mit "Sky and sand" schon so etwas wie eine der erfolgreichsten elektronischen Hymnen der vergangenen Jahre lieferten. Beide Berufswege verlaufen seither zwar nicht exponentiell gleich, aber doch kontinuierlich vorwärts. Die Stimme des Hits, Fritz Kalkbrenner, hat sich längst etabliert und emanzipiert in der elektronischen Musikszene - neben Paul. Was bereits beim Solodebüt "Here today gone tomorrow" und nur spärlich gewürdigten Songs wie "Facing the sun" entspannt über die Landstraßen glitt, trampt mit "Sick travellin" die nächsten Meter.
Der jüngere Kalkbrenner verfeinert seinen Sound, eine Art technoid-humanoider Soultronic, die merklich organischer gewordene Verflechtung von Soul, Funk und Disco-Nuancen in minimalistisch geprägte, elektronische Grooves auf Technobasis. Für seine Mix-CD im Frühling 2012 interpretierte er den Bill-Withers-Song "Ruby Lee" neu und nutzte im gleichen Atemzug die Gelegenheit, Gil Scott Herons "Willing" anderweitig zu arrangieren. Anstatt es jedoch vollzupumpen, modernisiert Kalkbrenner nur das Funkgerüst mit einer Keyboardlinie und der spürbaren Mühe um gegenwärtigen Esprit: "What my life really means / Is that the songs that I sing / Are just pieces of a dream / That I've been building".
Kein anderer Song verlässt die Clubpfade zu gängigeren Songstrukturen so stark wie das auch auf "Sick travellin'" vertretene "Willing". Und in keinem anderen Song ist Kalkbrenner vokal so gefragt. In anderen Tracks taucht er seltener als Sänger auf. Das funktioniert bestens in der etwas erwartbaren und mit glitzernden Pianotönen versehenen Single "Get a life" - bei "Can't stand the fire" baumeln Instrumentierung und Gesang allerdings doch recht orientierungslos nebenher. Es geht aber auch ohne. Etwa wenn sich der Funk immer weiter in "By any means" einnistet, technoide Hummeln "Hummin' hills" raufdüsen und sich "Chequer heart day" auf Flächen verlustiert. Kalkbrenner bleibt eben doch mehr Club- als Radiokind und die Tracks auf "Sick travellin'" dadurch verzögert pointiert. Den Spagat, mit so ziemlich jedem Song gleichzeitig Chilloberst um 14 Uhr und Tanzpapst um 2 Uhr zu sein, macht ihm aber so schnell niemand nach.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sick travellin' Pt. 1
- Chequer heart day
- Little by little
Tracklist
- Sick travellin' Pt. 1
- Make me say
- Get a life
- Chequer heart day
- No peace of mind
- Hummin' hills
- Little by little
- Monte Rosa
- Can't stand the fire
- By any means
- Willing
- Brumaire
- Sick travellin' Pt. 2
Im Forum kommentieren
John Bello
2019-10-18 19:22:56
Wurde damals von der Groove auch sehr gelobt, aber nach 2-3 maligem Hören ist das Album in den Untiefen meiner CD- Sammlung verschwunden und bis jetzt wieder nicht aufgetaucht.
musie
2012-10-25 13:31:46
wieder ein richtig gutes album. get a life ist definitiv ein highlight. sehr homogen das ganze, trotz den unterschiedlichen einflüssen. mit guten deepen kopfhörern grandios.
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Fritz Kalkbrenner - Third place (1 Beiträge / Letzter am 06.11.2024 - 20:06 Uhr)
- Fritz Kalkbrenner - True colours (2 Beiträge / Letzter am 17.03.2020 - 20:10 Uhr)
- Fritz Kalkbrenner - Sick travellin' (2 Beiträge / Letzter am 18.10.2019 - 19:22 Uhr)
- Fritz Kalkbrenner - Drown (1 Beiträge / Letzter am 15.02.2018 - 21:26 Uhr)
- Fritz Kalkbrenner - Grand départ (13 Beiträge / Letzter am 27.10.2016 - 17:29 Uhr)
- Fritz Kalkbrenner - Ways over water (6 Beiträge / Letzter am 28.01.2015 - 10:22 Uhr)
- Fritz Kalkbrenner - Here today gone tomorrow (15 Beiträge / Letzter am 16.10.2012 - 21:18 Uhr)