Benjamin Gibbard - Former lives

Barsuk / City Slang / Universal
VÖ: 19.10.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Nur er selbst

Das Problem mit Sängern altbewährter Bands ist der Rucksack, den sie mit sich herumschleppen. Das Herz auf den Stimmbändern, der Wiedererkennungseffekt in den Lungenflügeln: Da wird der eigene Zungenschlag oftmals ganz automatisch zu einer recht schwergängigen Veranstaltung. Death Cab For Cuties Benjamin Gibbard geht das Problem mit seinem ersten Soloalbum erfreulich offensiv an. "Former lives" titelt es und versammelt all die Stücke, die es aus diversen Gründen nicht auf die zurückliegenden Veröffentlichungen von The Postal Service, ¡All-Time Quarterback! oder eben Death Cab For Cutie geschafft haben. Weil die jeweiligen Projekte gerade woanders waren. Weil die Songs sich nicht mit der Kraft vertrugen, die eine Band in ihrem Inneren zusammenhält. Keinesfalls aber, weil sie an Güte zurückstehen würden - oder gar Gibbards Stimme als Störfaktor herausstellen.

Nein, auch auf "Former lives" ist sie alles andere als das. Vielmehr gibt das oral gewordene aufmunternde Schulterklopfen des Indie-Pops auch hier den Zeremonienmeister. Damit das von Anfang klar wird, eröffnet "Former lives" mit einer A-capella-Miniatur, die Gibbards Intonation in all ihrer lakonischen Freundlichkeit unmissverständlich nach vorne stellt - und damit eben auch augenblicklich das verflixte Emanzipationsproblem aufs Tableau bringt. Doch Gibbard bleibt souverän. Der Rückblick auf seine Songs ist auch der auf all die Bands, die ihn die letzten Jahrzehnte begleitet haben. Aus Schulterklopfen wird so ein selbstgewisses und -was sonst? - enorm freundliches Schulterzucken.

Entsprechend sind "Bigger than love" und "Dream song" indie-poppende Kleinode, wie der Hörer sie nur zu gerne wiedererkennt, wenn Gibbard die Stimme erhebt. Klar, kann man da sagen, der kann halt nicht anders. Das allerdings, meine Damen und Herren von der Futurismus-Polizei, ist einmal mehr piepegal. Wer's mag, der mag's. Und dass Gibbard zu seiner Stimme auf einmal Jazzcore anbietet, hat doch auch niemand wirklich annehmen wollen. Stattdessen gibt es eben einen Songreigen voller Selbstverständlichkeiten - und eben diese ist der größte Trumpf, den "Former lives" auszuspielen weiß.

Denn etwas wirklich selbstverständlich klingen zu lassen, dazu braucht es in der Regel mindestens ebenso viel Selbstbewusstsein und Bestimmtheit wie Erfindungsgabe. Und so entführt "Something's rattling cowpoke" Gibbards Stimme in einen Mariachi-Wimmer-Walzer, "Oh woe" stampft sich durch ein leicht polterndes Midtempo und "A hard one to know" sowie "Teardrop windows" präsentieren einen klaren Folkrock, wie er sich bei Death Cab For Cutie bestenfalls immer wieder andeutet. Macht aber eben alles nichts, solange nur Gibbard dazu singt. Das sitzt, das passt, das wackelt und hat Luft. Von vornherein. Ohne Umschweife. Das unbeirrte Schunkel-Schlagzeug, die Country-Slides, die Folkgitarren und Klavierkaskaden - sie alle sind bloß die unvermeidlichen Schnalzlaute eines ureigenen Zungenschlags. "Lily is a big brass band that fills the air with songs / Lily she's a destination / And she is where my arms belong." Der Mann weiß halt, wohin er gehört und was man da macht. Es ist nach wie vor schön, ihm dabei zuzuhören.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Dream song
  • Bigger than love
  • Something's rattling cowpoke
  • Lady Adelaide

Tracklist

  1. Shepherd's Bush lullaby
  2. Dream song
  3. Teardrop windows
  4. Bigger than love
  5. Lily
  6. Something's rattling cowpoke
  7. Duncan where have you gone
  8. Oh woe
  9. A hard one to know
  10. Lady Adelaide
  11. Broken yolk in western sky
  12. I'm building a fire
Gesamtspielzeit: 36:45 min

Im Forum kommentieren

Mr Oh so

2013-08-10 18:11:34

Die Halbwertszeit dieses Albums ist sensationell gering.

Ne, das letzte DCFC-Album war zug roßen Teilen auch sehr luftig-leicht, hatte aber einfach auch schöne Songs.

...

2012-11-25 22:18:24

KLICK

Hör bitte auf kleine Mädchen zu stalken, das ist gruselig!

reb

2012-11-23 16:33:31

Genau son langweiliger oberflächlicher quatsch wie die letzten DCFC-Alben.

Ö Siel

2012-11-23 14:01:14

Tralala dudeldidum, ach wie ist das schön, die Sonne scheint!

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