
Anna Depenbusch - Sommer aus Papier
105 / SonyVÖ: 05.10.2012
Fräulein Poppins
Der Himmel ist grau, die Straßen sind nass, ein Blick nach draußen - schlechte Laune! Wie eine Bestellung von besserer kommt da Anna Depenbuschs "Sommer aus Papier" gerade recht. Mit ihrer zuckersüßen Stimme trällert die Hamburgerin kunterbunte Lieder, die einen mitnehmen auf eine Kreuzfahrt in die Südsee. So passiert es, dass der Opener der Platte als Ankündigung des Albums fungiert - "Meine Damen, meine Herren. Ich bin heute Ihr Kapitän auf unserer Reise zu den Sternen. Machen Sie sich’s gern bequem."
Anna Depenbusch wollte einen Kontrast zu ihrem eher melancholischen Erstwerk Die Mathematik der Anna Depenbusch" schaffen, und das ist ihr vollkommen gelungen. Über das ganze Album hinweg wirkt sie wie Mary Poppins, die singend durch die Gegend streift. Stücke wie "Sommer aus Papier", "Tretboot nach Hawaii" oder "W.w.w (Was wäre wenn)" bleiben so im Kopf hängen, dass sie selbst unter der Dusche noch gesummt werden, und so ganz nebenbei entsteht ein wohliges Glücksgefühl. Zum Teil wirken die Melodien wie die von Kinderliedern, allerdings sind die Texte tiefgründiger. "Hey Cowboy" erinnert einen daran, dass das Leben schnell ist, dass es gilt, so viel wie möglich mitzunehmen und nichts zu verpassen. "Denn vielleicht ist das alles schon morgen vorbei", darum "Baby Baby Baby, warum liegst Du noch im Sand?". All das singt Depenbusch mit glockenklarer Stimme, der man höchstens noch einen Tick mehr Präsenz durch die Produktion wünschen würde.
Besonders schön gelungen ist das Duett "Ich & Du" mit dem Wahl-Berliner Mark Forster. Ein Liebeslied, welches ganz natürlich und echt daher kommt - "Ich stell mich mit Dir in den Wind / Weil wir zusammen stärker sind." Etwas aus dem Konzept zu fallen scheint "Zimmer #439", wo Depenbusch eher sprechend als singend eine skurrile Begegnung schildert. Eine weitere Stelle zum Verschnaufen von der überwältigenden Fröhlichkeit ist "Vom Leben als Gespenst": Diese Geschichte zeigt, wie traurig es enden kann, wenn die Abzweigung verpasst wurde. An dieser Stelle bekommt das Werk aber auch wieder die Kurve - allein mit einer Ukulele steht das "Fräulein Ukulele" mit einer fröhlichen Melodie am Wasser und frönt ihrem Fernweh.
Alle Lieder haben eine leichte Melodie und lassen Eindrücke von der Weltenbummelei der Sängerin durchschimmern. Genau das passt so gut zur unbeschwerten Stimmung des Albums, das im positiven Sinne nett ist, wenn auch nicht mehr. Früher half Sonnencreme an grauen Tagen für ein bisschen Sommergefühl, und nun gibt es da auch noch "Sommer aus Papier", eine Reise durch warme Gefilde, die die Sorgen für eine Weile vergessen lässt. Bedacht dosiert ist es wie ein kurzer Sommer, um gut durch den bevorstehenden Winter zu kommen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sommer aus Papier
- Ich&Du
- Tretboot nach Hawaii
Tracklist
- Herzlich Willkommen
- Sommer aus Papier
- Ich&Du
- Karaokenacht
- Yimmer #439
- Vom Leben als Gespenst
- Fräulein Ukulele
- Tretboot nach Hawaii
- Hey Cowboy
- W.w.w. (Was wäre wenn)
- Irgendwo ist oben
- Bejamin
- 110
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