Tiny Boys - Tiny Boys
Afmusic / Danse Macabre / Al!veVÖ: 28.09.2012
Apfelkompott
Wie heißt es so schön: Auf Äpfel röten sich Äpfel? Auf Geschichte folgt Geschichte? Und kleine Jungs klettern gern auf Apfelbäume? Immer der Reihe nach. Äpfel hängen jedes Jahr im Endsommer in mindestens einem Garten; die Jahre vergehen, die Kombination aus Animalprint und Strass aber kommt immer wieder (nicht nur auf Mottoparties) und ja, kleine Jungs klettern gern auf Apfelbäume. Im Fall von Tiny Boys sind die kleinen Jungs gar nicht mehr so klein, und Jungs sind sie auch nicht alle. Wie die SchwedInnen aus dem Stockholmer Bezirk Södermalm zu Apfelbäumen stehen, ist ad hoc nicht klärbar. Und wenn man dem Pressematerial folgt, so stammen Tiny Boys ohnehin eher aus dem nur 20 Kilometer südöstlich von Stockholm gelegenen Tyresta Nationalpark - den dunklen Wäldern Södermalms, wahrscheinlich ohne Apfelbäume. Ob das zu glauben ist?
Denn statt hinterwäldlerbärtigem Genuschel pumpt das, auf beide Geschlechter gleichmäßig verteilte, Quartett mehr am Großstadt-Chic des Trendmekkas New York geschulte Klangkaskaden durch die Boxen. Dabei werden nicht nur die Designer-Jacken von Paul Banks und Julian Casablancas knittrig. Und wie der Strass in saisonalen Trendphasen die Großraum-Disko-Außenbeleuchtung der hippen Schnöselszenen alt aussehen lässt, landen auch die 1980er Jahre seit einiger Zeit in regelmäßigen Abständen auf mindestens einem Silberling. Auch Tiny Boys feiern ausgiebig das 1980er-Geheize als wolkiges Beiwerk ihres Post-2000er-Waves. Gefeilte Gitarren sägen im mathematisch kalkulierten Metronom-Takt mit energetischem Potential an der Tanzfläche und konkurrieren mit dem Schlagzeug um die ryhthmische Vorherrschaft. War auch bei Interpol ähnlich. Überhaupt preschen die Songs ordentlich nach vorne und tragen die Aufschrift "tanzbar" - und das keineswegs versteckt, etwa im Nylon-Innenfutter der Jacke von Sängerin Camilla Karlsson. Dabei besticht die Produktion des selbstbetitelten Debuts mit einem kristallin-offenen, lauten, schon fast an Übersteuerung grenzenden Klangbild. So sollte Dark Pop sein.
In der Kombination von wavelastigem Post-Punk und entrücktem 80er-Flair öffnen die SchwedInnen so manche kleine Fallgrube und erzeugen eine Kälte aus sphärischer Abweisung. Wenn der Bass vor sich hin wummert, erinnert das wiederholt an tränenfeuchte Erde, so paradox das mit der Tanzbarkeit auch vereinbar ist. Öffnen sich die wirbelnden Gitarren mit lärmendem Schmerzpegel der Sehnsucht wie in "Gonna get my gun", gemahnt das manchmal an Bilder von schauererzitterndem Mauerwerk irgendwo in menschenleerer Wald-Einöde. Da hat er also doch recht, der Pressetext - egal ob mit oder ohne Apfelbäumen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Persian punk
- 4:AM
- Focus
- Gonna get my gun
Tracklist
- Persian punk
- Battlefield
- Walt out first
- 4:AM
- Black gold
- Focus
- Gonna get my gun
- Sofo vampire
- Steve