Mark Knopfler - Privateering
Mercury / UniversalVÖ: 31.08.2012
Lack ab
Das hätte doch nicht sein müssen. Nein, gemeint ist nicht zwingend Mark Knopflers siebtes Soloalbum, sondern zunächst dessen Titel. Als Freibeuter will er sich darin verstanden wissen, obwohl der ehemalige Chef der Dire Straits doch längst ausgesorgt haben dürfte. Aber ein Blick aufs Cover relativiert das Ganze sofort: Sollte Knopfler tatsächlich mit diesem klapprigen Ford Transit auf Kaperfahrt gehen wollen, handelt es sich wohl eher um die spleenige Laune eines älteren Herrn als um eine räuberische Mission mit Messer zwischen den Zähnen. Hinzu kommt: Knopfler hat Zeit - und darum ausreichend Muße, in seinem betagten Gefährt über Landstraßen und Highways zu tuckern und Geschichten zu erzählen. Singen kann er zwar nach wie vor nicht, doch das erledigt wie immer seine Gitarre. Also alles einsteigen und Sitzfleisch mitbringen.
"Privateering" ist nämlich gleich ein Doppelalbum geworden - das erste in Knopflers Solokarriere. Das kann doch nur heißen: Ein Konzept oder zumindest ein Überbau muss her. Vielleicht eine CD mit Country-Balladen und eine mit schmatzigen Groovern? Oder kernige Rocker auf der einen und schwermütiger Blues aus den Sümpfen Louisianas auf der anderen? Doch nach einer derart klaren Zweiteilung sucht man hier vergeblich. Stattdessen lädt der Brite zu einer eineinhalbstündigen Leistungsschau seines mannigfaltigen Könnens: etwas akustisches Lagerfeuer und launiger Celtic Folk hier, Fernweh-Balladen und holprig vorwärts bürstender Rock'n'Roll da, fingerfertige Licks und brummelige Vocals überall, oft ergänzt von Streichern, Gebläse und Piano. Ein Miesepeter, wer ihm da den Spaß an der eigenen Freude verderben will.
Dennoch muss hier auch der Hinweis gestattet sein, dass viel nicht immer viel hilft. Es ist wie bei einem Konzert, wo die Band so lange spielt, bis der letzte Zuhörer gegangen ist: Weite Teile des zweiten Tonträgers wirken wie eine Zugabe, die im Grunde niemanden mehr interessiert. Nichts gegen die saubere Produktion, das solide Songwriting und die musikalischen Fertigkeiten, die Knopfler zusammen mit seinem ehemaligen Dire-Straits-Sozius Guy Fletcher an den Tag legt - und selbst die Songs gehen grob in Ordnung, auch wenn wie üblich einige Rohrkrepierer darunter sind. Der bereits Formatradios verstopfende Langweiler "Redbud tree" ist als Opener allerdings mindestens unglücklich gewählt - dabei unterhält Knopfler mit seinen Raubzügen durch fremde und eigene Musikgeschichte zuweilen durchaus.
Da spürt der Folk von "Haul away" präzise "Dirty old town" von den Dubliners nach, gibt "Hot or what" eine gesetzt schlurfende Version von The Doors' "Roadhouse blues" und liegt sich "Go, love" mit den "Brothers in arms" in ebendiesen. Doch auf Dauer können auch scheppernde Shuffles wie "Don't forget your hat" oder der aufgekratzte Rocksong "Corned beef city" nicht verhehlen, dass oft bloß liebgewonnene Standards abgedroschen werden, wo auch genug Platz für Gewagteres gewesen wäre. Gerade im zweiten Durchgang hätten statt seufzender Nullnummern wie "Radio city serenade" oder "Dream of the drowned submariner" ein, zwei Rumpel-Hits nach Art des köstlichen "Boom, like that" die Dinge etwas geradegerückt. So aber hat Knopflers Töfftöff zusehends Schlagseite. Nicht nur, weil der rechte Vorderreifen fehlt und auch der Lack allmählich abblättert.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Don't forget your hat
- Corned beef city
- Gator blood
Tracklist
- CD 1
- Redbud tree
- Haul away
- Don't forget your hat
- Privateering
- Miss you blues
- Corned beef city
- Go, love
- Hot or what
- Yon two crows
- Seattle
- CD 2
- Kingdom of gold
- Got to have something
- Radio city serenade
- I used to could
- Gator blood
- Bluebird
- Dream of the drowned submariner
- Blood and water
- Today is okay
- After the beanstalk
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