
Melissa Etheridge - 4th Street feeling
Island / UniversalVÖ: 31.08.2012
Heimat der Braven
Countrymusik muss nicht eintönig und gleichförmig sein. Das beweisen genug junge und weniger junge Bands aus den Vereinigten Staaten, die das uramerikanischste aller Genres regelmäßig auf den Kopf stellen und damit auch - oft unter dem etwas neutraleren Begriff Folk - die europäische Zuhörerschaft überzeugen. Mit dem, was auf der Radiostraße der Stetson-Parallelwelt so läuft, hat das wenig zu tun. Auf der nämlich ist Melissa Etheridge auf ihrem neuen Album des Öfteren unterwegs.
Der Grundton auf "4th Street feeling" ist zwar eher rockig, was nicht zuletzt an Etheridges markanter, rauer Stimme liegt. Gedrosselt knisternde Gitarren, Mundharmonika und vorsichtige Pianos färben die Songs aber sehr countryesk ein. Nun muss das ja nicht grundsätzlich schlecht sein. Aber in der Ausführung wirkt dieses Album einfach zu glatt und kalkuliert, um überzeugen zu können. Als sei Etheridges rauchiger Gesang schon Kantigkeit genug, verwässern die Songs grundsätzlich in vorhersehbarer Spannungslosigkeit. "A disaster" und "Falling up" sind so austauschbar wie ein Keilriemen, und das Titelstück kommt zwar als leicht angejazzte Halbballade daher, versandet aber in flüsternder Nichtigkeit.
Die gezwungen lauteren Stücke hinterlassen ebenfalls einen zwiespältigen Eindruck. Das plakative "Shout now" etwa ist ein shuffelnder Protestsong mit selbsterklärendem und daher kaum etwas aussagendem Refrain. Besser macht es das brütende "The shadow of a black crow", das in sympathischer Hemdsärmeligkeit befreit aufspielt, und knarzige Gitarren verleihen der zweiten, Dylan zitierenden Halbballade "A sacred heart" einen angenehm unperfekten Touch. Der Rest jedoch ist im besten Fall Mittelmaß - mal im Radioformat wie der Opener "Kansas City", mal im Albumfüllerformat wie das im Mittelteil verschwindende "Sympathy".
Andere bekommen ein solches Album jedenfalls bedeutend interessanter hin - dafür muss sich nicht einmal die Alternative-Country-Szene der USA ansehen, sondern lediglich einen Blick auf die besseren Platten von Bruce Springsteen oder Tom Petty werfen. Etheridge gelingt die Mischung aus packenden Songs und massentauglichem Sound dagegen weitaus seltener. Vor allem, weil Ersteres meist fehlt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The shadow of a black crow
Tracklist
- Kansas City
- 4th Street feeling
- Falling up
- Shout now
- The shadow of a black crow
- Be real
- A disaster
- Sympathy
- Enough rain
- A sacred heart
- I can wait
- Rock and roll me
Referenzen
Spotify
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