The xx - Coexist
Young Turks / XL / Beggars / IndigoVÖ: 07.09.2012
Ein Drama in elf Akten
September 2008, ein kalter Tag. Regen, dunkle Wolken, neblige Straßen. Unruhig läuft sie umher, die Schuhe drücken, die Jacke ist nass, die Kapuze klebt unangenehm am Gesicht fest, mit jedem Schritt wird sie schneller, bloß nach Hause, Türe zu, Decke drüber. Kopfhörer auf. Musik an. Die CD bei der Freundin klang gut, so gut, dass sie sich selbst gleich eine zugelegt hat, auf dem Heimweg durch die Innenstadt. Musik, die sich angehört hat, wie sie sich gerade fühlt. Traurig und zugleich hoffnungsvoll, verliebt trotz gebrochenem Herzen, in Aufbruchstimmung in der hintersten Ecke des Zimmers verkrochen. The xx heißt die Band, die kennt kein Mensch, denkt sie sich. Es wird kälter. Sie läuft noch schneller. Endlich daheim, Türe zu, Decke drüber, Kopfhörer auf, Musik an. Und der Traum beginnt.
April 2010, so langsam kann er es nicht mehr hören. Klar kennt er sie - jeder kennt sie doch mittlerweile! Die laufen ja auch überall. Wer sich für Musik interessiert, kam in den letzten eineinhalb Jahren nicht an "The xx" vorbei. Und ein Mashup mit der Musik von The Notorious B.I.G. gibt es jetzt auch, so weit ist es schon gekommen. Diese verdammten Hipster, sie kriegen den Hals nicht voll. Er mochte sie von Anfang an. Die minimale Instrumentierung, die zarten und zerbrechlichen Klänge, die starken Texte. Da hört man sich sogar einen Remix von einem Adele-Song an, die ist ja jetzt auch überall. Genau wie The xx, die absolute Lieblingsband der einen Gruppe, DAS Riesending des neuen Jahrzehnts quasi, die Neuerfindung von etwas, was es längst gab. Und der absolute Albtraum der anderen Gruppe, Fahrstuhlmusik, der Beginn einer Ära der toten Klänge. Alle haben sie recht. Und keiner.
Juli 2012, Ihr wisst es schon längst. The xx haben einen neuen Song, "Angels", er ist der Vorbote des neuen Albums "Coexist". Ihr habt ein paar schlechte Aufnahmen von Shows der letzten Monate auf YouTube angesehen, neues Material, und schon habt Ihr eine Meinung parat. "Das klingt wie die alten Songs", lästern ein paar, "Das klingt wie die alten Songs", jubeln die anderen. Fast genau drei Jahre sind vergangen seit dem Debüt, die Erwartungen sind hoch. Kaum sind die ersten Töne von "Angels" erklungen, geht der Hype wieder los. Leise rollt er an, langsam, aber stetig, die Stimme von Romy Madley Croft wirkt so vertraut, die Gitarre auch. Das Cover des neuen Albums wird veröffentlicht, Ihr seht es auch und erkennt sofort: Nicht nur der Song wiederholt das Schema des ersten Albums. Der schwarze Hintergrund ist einem weißen gewichen, wieder ist da dieses große "X". Alles unverändert bei The xx. Alles und nichts.
Gegenwart, immer mehr hören wir von "Coexist", immer spannender wird es. Ein zweiter Song namens "Chained" wurde veröffentlicht, hier bestätigt sich das, was Jamie Smith alias Jamie xx vor einer Weile sagte - das Album sei inspiriert durch die Clubszene: Dieser treibende Beat und diese Gitarre, zu Madley Crofts Stimme gesellt sich die von Oliver Sim, alte Erinnerungen werden wach. Wir wissen natürlich, dass die Zweifler von damals sich bestätigt fühlen und die Musik in dieser Form genauso verurteilen werden. Und wir wissen, dass alle anderen sich sofort wieder im Sog der Musik befinden werden. Elf Songs sind es. Einer davon ist "Sunset", ein Song für den Dancefloor, auf dem nicht wirklich getanzt wird - auch das gibt es bei The xx. "I always thought it was sad / The way we act like strangers / After all that we had / We act like we had never met", singt Madley Croft, das Konzept der Koexistenz nimmt eine traurige Gestalt an. Nebeneinanderleben. Auseinanderleben. Und zum Schluss ist jeder für sich.
Morgen, es gibt es sie natürlich immer noch, "Coexist" ist längst erschienen, das Konzept bleibt gleich - die Wirkung auch. Ein Xylophon leitet "Reunion" ein, ein Manifest gegenseitiger Anziehung, eine Huldigung auf die beiderseitige Begierde, die Steeldrum gleicht einem schneller werdenden Herzschlag. Und trotz aller Gefühle bleibt bei The xx dieser Mix aus Wärme und Kälte, wie auch beim melancholisch startenden "Swept away", das erst nach einer Minute eine Eigendynamik entwickelt und dessen pumpender Rhythmus sich mit leisen Pianoklängen vereint, oder beim erst zum Ende aufblühenden "Try". Zum Schluss gibt es dann die vertonte pure Schönheit, ohne Schnörkel, in Form von "Our song". Fast schon intim wirkt es, wie die beiden Stimmen, die weibliche und die männliche, sich vereinen, die minimale Instrumentierung ist hier nur Beiwerk. So muss ein Ende klingen. Atemlos bleiben alle zurück, sie, er, Ihr und wir. Alle zusammen, und doch irgendwie auch jeder für sich.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Angels
- Reunion
- Sunset
- Unfold
- Our song
Tracklist
- Angels
- Chained
- Fiction
- Try
- Reunion
- Sunset
- Missing
- Tides
- Unfold
- Swept away
- Our song
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Knackschuh
2014-09-21 22:22:30
Hach! Ich liebe die homoerotischen Vibrations auf Plattentests! Danke, Armin, du haartoupierte Puffmutter, du!
Knackschuh
2014-09-21 22:17:07
Auf mein Coming Out wirst du wohl noch viele PT-Dekaden warten müssen. Also, mach die Hose wieder zu, Bengelchen!
Desare Nezitic
2014-09-21 22:15:15
PS: Öfters glaube ich, du willst uns auf subtile Weise etwas sehr intimes mitteilen...Prösterchen.
Desare Nezitic
2014-09-21 22:12:34
@Knackschuh
Ich bin noch auf dem Land zu Hause, da ist es normal, zwei Jahre hinterher zu hinken^^
Knackschuh
2014-09-21 22:11:02
P.S.: und hör auf, "öfters" zu verwenden - das ist nämlich sowas von schwul!!11!1einselfeidideiprösterchen
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