OAE - Was ist ihr Beruf

Hand11 / Hanseplatte
VÖ: 24.08.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Licht gestalten

Manche Gruppen führen ihr Publikum buchstäblich hinters Licht. Zum Beispiel Stadionrockbands mit aufwändigen Visuals, die ihr Material auf der Bühne zwar professionell, jedoch uninspiriert herunterspielen. Was aber normalerweise eher ein Ärgernis ist, gehört bei OAE zum guten Ton. Beziehungsweise zur guten Sicht. Das Trio aus Hamburg konzentriert sich als erklärte Lichtkunstband live nämlich bewusst auf Scheinwerfer, Farben und Projektionen. Die Musik ist Nebensache - nicht umsonst betonen OAE, grundsätzlich keine Instrumente zu spielen, die man berühren muss. Auch wenn diese Aussage vermutlich nicht ganz für bare Münze zu nehmen ist. Doch stellt man zwei Dritteln der Band die Frage aus dem Albumtitel, wird die Antwort wahrscheinlich mitnichten "Musiker" lauten.

Suse Bauer ist vielmehr bildende Künstlerin, Timo Schierhorn dreht Filme und Videos, und Pascal Fuhlbrügge, Veteran der Hamburger Schule und Mitglied bei Kolossale Jugend und Sand11, weiß als einziger der drei, wie man Platten macht. Trotzdem dürfte die Erstausgabe von "Was ist ihr Beruf" die erste ihrer Art in seiner Diskographie sein: ein eigenhändig gestaltetes Vinyl im A4-Format, mit dem man praktisch alles machen kann - außer es abspielen. Dann hatte ein findiger Kopf allerdings die Idee, einen Downloadcode eingravieren zu lassen, später sogar eine handelsübliche CD nachzuschieben und so doch noch das Ende der Musik zu beenden. Glücklicherweise. Im Studio blieb dem Trio trotz aller Verweigerungshaltung sowieso nichts anderes übrig, als Songs aufzunehmen. Und es wäre ein Jammer, wenn man diese nicht hören könnte.

Denn schon der Einstieg "Würmer oder Menschen" packt jeden Hörer, der angesichts des krude-avantgardistischen Überbaus die Flucht ergreifen möchte, mit dicken Bass-Synthies und hyperaktiv geklöppelter Sequenz am Schlafittchen und verfrachtet ihn in eine natürlich fachmännisch ausgeleuchtete Elektro-Disco. Und allmählich drängt sich der Gedanke auf, dass OAE mehr von Musik wissen, als sie zugeben möchten. Auch den brummeligen Basslauf von The Cures "A forest" hat bisher kaum ein Stück exakter nachgebaut als der von knurrendem männlichen Sprechgesang durchzogene Stampfer "Container". Direkt danach machen OAE auf kosmischen Keyboards plötzlich eine krautige Rolle rückwärts, als wäre das gar kein Auftrag für sie. Ist es vielleicht auch nicht. Man kann ja nie wissen.

Wenn man möchte, kann man diesem ständig neue Löcher grabenden und zwischen mehreren Referenzhöllen taumelnden Album natürlich einiges vorwerfen. Etwa mutwillige Kunstscheißigkeit, das pseudo-intellektuelle Image oder auch die Tatsache, dass Bauer gelegentlich singt wie eine barbiturierte Märchenfee unter (End-)Laserkaskaden. Von den textlichen Abhandlungen über Schein und Sein, Außenwelt und Innenleben, Belanglosigkeit und Erhabenheit ganz zu schweigen. Stattdessen kann man sich aber genausogut am blechern-rasanten Rocker "Soziale Kontinente" oder dem kalkweißen Phantasiesprachen-HipHop "Nu oszilate" doof tanzen - und anschließend feststellen, dass auch F.S.K. und Das Bierbeben im Grunde Pop sind. Hier geht nicht nur visuell ein Licht auf. Und Disco ist das halbe Leben.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Würmer oder Menschen
  • Container
  • Soziale Kontinente
  • Nu oszilate

Tracklist

  1. Würmer oder Menschen
  2. Container
  3. Wolfgang
  4. Arbeit gehen
  5. Soziale Kontinente
  6. Schillernde Kleider
  7. Nu oszilate
  8. Identical ideas
  9. Moondogs
  10. Weltall Erde Mensch
  11. Das Buch
Gesamtspielzeit: 44:00 min

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