Die Happy - Beautiful morning

Firestarter / BMG
VÖ: 02.04.2002
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Frisch geduscht

Man stelle sich folgendes vor: Eine verheißungsvolle Nachwuchsband - nennen wir sie doch einfach "Die Happy" - steht kurz vor dem Durchbruch. Jedes Loch mit Bühne in Deutschland darf sich über ein Gastspiel freuen, und so wächst nach und nach eine beachtliche und vor allem äußerst loyale Fanschar heran, die sich auch von der umstrittenen Qualität des Majordebüts "Supersonic speed" nicht abschrecken läßt und dieses für mehrere Wochen in die deutschen Albumcharts hievt. Den Feinschmeckern unter den Musikfreunden kommt derweil dank der abgedroschenen Crossover- und Hardrock-Standards, die sich auf "Supersonic speed" sammeln, beinahe der Nachtisch hoch. Und auch die ohnehin hinkenden Vergleiche zwischen Die Happy-Frontluder Marta Jandová und Guano Apes-Schreihals Sandra Nasic werden von bösen Zungen bestenfalls als Duell von Not gegen Elend belächelt.

Was sollte also eine Gruppe, von ihren Anhängern geliebt, von den Kritikern gehänselt, auf gar keinen Fall tun, wenn sie nicht bald allein im Regen stehen will? Richtig, ihre Fans irgendwie vor den Kopf stoßen. Und dennoch tun Die Happy auf ihrem zweiten Longplayer genau dies. Das einzige, was auf "Beautiful morning" noch wie ein saftiges Brett klingt, ist der Schlag vor den Kopf, den jeder Die Happy-Freund nachhaltig spüren sollte, der ähnlichen Soundbrei wie auf "Supersonic speed" erwartet haben sollte. Stattdessen setzt es geradlinigen Rock, so weit die Ohren reichen. Balladen, die gänzlich ohne Verstärker auskommen. Mitunter gar Pop, der sich trotzig auf dem Mainstream breitmacht. Und abgesehen von einzelnen Songs wie "Paralyzed" oder "Human being" nur noch ganz wenig Krach. "Beautiful morning"? Von wegen, für manche vielmehr böses Erwachen.

Allen, die Die Happy nun bereits in plumper Anlehnung an den Bandnamen beerdigen wollen, sei an dieser Stelle geraten, den Spaten in die Rumpelkammer zurückzustellen. Selbst jene enttäuschten Fans, die den Namen von Marta Jandovás Großmutter rückwärts buchstabieren können, finden auf "Beautiful morning" schnell die alte Stärke ihrer Lieblinge wieder. Diese war sowieso noch nie ein knackiges Riff, sondern trug stets ein enges Top und darunter einen Sport-BH. Marta Jandová ist nun mal zur Frontfrau geboren und kann nicht nur hüpfen kann wie Rumpelstilzchen und kreischen wie ein Papagei, sondern auch dann noch glasklar trällern, wenn andere längst mit Keuchhusten am Boden liegen.

Daß die Texte der gebürtigen Tschechin dabei stets ungelenker als sie selbst wirken, läßt sich verschmerzen, wenn sie in hymnisch-angehauchten Rock wie "Not that kind of girl" oder melancholisch-reduzierte Popnummern vom Schlage "Cry for more" eingewickelt sind. Und obwohl längst nicht jedes Experiment auf "Beautiful morning" so glückt, wie man sich das eigentlich vorgestellt hatte, können die Ulmer doch mit sich zufrieden sein. Und wenn beim nächsten Konzert wieder ein paar Besoffene glauben, Die Happy seien letztlich brav geworden, sollen sie der guten Marta ruhig ein mutiges "Ausziehen!" entgegengröhlen. Aber bitte nur mit guter Krankenversicherung.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Not that kind of girl
  • Cry for more
  • Undercover genius

Tracklist

  1. Paralyzed
  2. Not that kind of girl
  3. Goodbye
  4. Human being
  5. Cry for more
  6. Sleeping time
  7. Leaving you
  8. I remember
  9. It's all over
  10. Adam's eyes
  11. Undercover genius
  12. Breathing
Gesamtspielzeit: 47:52 min

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