Silver Jews - Early times
Drag City / Rough TradeVÖ: 29.06.2012
Wie es singt und kratzt
Die Findigen werden es bereits ahnen: Bei "Early times" handelt es sich leider nicht um ein überraschendes Comebackalbum der seit 2009 aufgelösten Silver Jews. Jene Band um David Berman, Bob Nastanovich und nicht zuletzt natürlich Stephen Malkmus, die sich Ende der 80er Jahre zusammenfand und sich während ihrer gesamten Schaffenszeit mit dem etwas billigen Vorwurf abgeben musste, nichts weiter als ein kleiner Zeitvertreib für Malkmus außerhalb von Pavement zu sein. Zugegeben, der Verdacht lag nahe, war dann aber doch nicht weit genug gedacht. Zu unterschiedlich waren beide Bands in den Feinheiten, auf die kaum jemand achtete. Naja, sei es drum. Stattdessen handelt es sich bei "Early times" um, richtig, eine Compilation älterer Demos und Songs, die der eine oder andere bereits von früheren EPs kennen dürfte.
Die Besonderheit bei "Early times" liegt im Sound, der zugegebenermaßen etwas gewöhnungsbedürftig ist. Die Aufnahmen wurden nachträglich remastered, heißt es. Dass einige Songs unter billigsten Voraussetzungen aufgenommen wurden - beispielsweise mittels eines Anrufbeantworters -, hört man ihnen dennoch merklich an. Und wem die Silver Jews auf ihren regulären Studioalben schon zu kratzig, zu dreckig, zu rau waren, wird hier ein wahres Grauen erleben. Wer sich allerdings gerne auf eine Reise in die Vergangenheit begeben mag, zurück in eine Zeit, in der Bands nun mal genau so klangen, und wer sich gerne vorstellen möchte, hier das lange verloren geglaubte erste Tape seiner Lieblingsband zu hören, wird von dem Nostalgiefaktor überrascht sein. Und wer die Silver Jews nicht für einen puren Ableger von Pavement hält und eine kleine Vorführung erleben möchte, wie sie langsam, aber stetig ihren Sound entwickelt haben, bekommt hier eine schöne Gelegenheit dazu.
Einer dieser Songs ist "The walnut falcon", bei dem man neben der schlecht gestimmten Stromgitarre und dem monotonen Gesang unter anderem hört, wie Papier zerknüllt wird und von hinten jemand ganz leise in den Song reinquatscht. Dennoch erwartet denjenigen, der genau hinhört - so genau, um die Makel zu überhören -, die ungeheure Intensität junger Männer in der Hochphase ihrer Adoleszenz. Ebenso kraftvoll kommt das kratzende, krächzende, sich windende "September 1999" daher, mit diesem über allem liegenden verzerrten Gitarrensound und dem montonen Schlagzeugbeat. Einer der wenigen wirklich fertig anmutenden Songs, das melancholische "Secret knowledge of back roads", teilt den Gesang unter Berman und Malkmus auf, während das rotzige "West S" trotz des dumpfen Klangs vollkommen überzeugt. Im Vergleich dazu, ist das abschließende "Bar scene from Star Wars" geradezu klar geraten; dafür fehlt hier der Gesang. "Early times" offenbart in einer Länge von etwas mehr als einer halben Stunde, wie aus den Silver Jews eine großartige Band wurde, ohne auch nur den geringsten Anspruch an Perfektion zu haben. Das muss man auch erstmal schaffen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The walnut falcon
- Secret knowledge of back roads
- West S
Tracklist
- Canada
- The walnut falcon
- September 1999
- SVM F.T. Troops
- The unchained melody
- Secret knowledge of back roads
- I love the rights
- Jackson nightz
- The war in apartment 1812
- West S
- You can't trust it to remain
- The wild palms
- Welcome to the house of bats
- Bar scene from Star Wars
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Silver Jews - American water (6 Beiträge / Letzter am 04.11.2020 - 23:27 Uhr)
- Silver Jews (16 Beiträge / Letzter am 04.11.2020 - 23:18 Uhr)
- Silver Jews - Starlite walker (2 Beiträge / Letzter am 03.11.2020 - 23:45 Uhr)
- Silver Jews - Tanglewood numbers (15 Beiträge / Letzter am 28.04.2020 - 09:15 Uhr)
- Silver Jews - Lookout mountain, lookout sea (10 Beiträge / Letzter am 30.01.2009 - 00:20 Uhr)