Broken Water - Tempest
Hardly Art / CargoVÖ: 08.06.2012
Jugend von gestern
Es ist aber auch ein Ärgernis. Da stürmen die Bieber-Jungs und Gaga-Mädels die Charts, und das eigene neue Lieblingsalbum muss man über den teuren Online-Shop bestellen, weil etwa drei Leute die Band kennen. Bei den Award-Shows treten kleine Waynes und Rapper auf, deren Namen und Musik sich gleichermaßen an kläffende Köter anlehnen - und deren Musik auch ähnlich klingt. Und die sind dann schuld, dass man bei diesem gottverflucht süchtig machenden Internet-Musikquiz, das sich seit einiger Zeit wie ein Virus in die Freizeit eingeschlichen hat, fast nur die älteren Songs erkennt. Früher war eben alles besser. Kein Wunder also, dass sich nach Wussy mit "Buckeye" eine weitere bisher weitestgehend unbekannte Band am Musik-Output der späten 80er und frühen 90er Jahre orientiert. Doch es gibt schließlich weitaus schlimmere Band als Sonic Youth oder Dinosaur Jr., die man sich zum Vorbild machen kann.
Broken Water aus Olympia, Washington legen mit "Tempest" bereits ihr zweites Album vor, und der Titel könnte kaum naheliegender sein: "Stürmisch" passt wie die Faust aufs Auge, um diesen Mix aus schwermütigem Indie und rotzigem Noiserock zu beschreiben. Klingt der Opener "Drown" noch geradezu ausgelassen und erinnert an Sonic Youth zu "EVOL"-Zeiten, geht es ab Mitte weiter vorwärts: "Underground" schrammelt den Hörer gegen die Wand, während das darauffolgende "Thread to connect" den Laut-Leise-Effekt bis zur Perfektion ausreizt. Sängerin und Drummerin Kanako Pooknyw erinnert dabei stellenweise so gespenstisch an Kim Gordon, dass man kurzzeitig denkt, es handele sich hier um ein Feature. Denkste.
Ohnehin liegt eine weitere Besonderheit des Trios darin, dass es tatsächlich keinen echten Leadvokalisten gibt. Im launischen "Coming down" etwa singt Gitarrist Jon Hanna, und auch hier fragt man sich kurzzeitig, warum Thurston Moore plötzlich in dieser neuen Band spielt, von der man noch nie etwas gehört hat. Deutlich "Goo"-lastiger wird es dann spätestens in der zweiten Hälfte von "Tempest". Das vertonte Grauen, das "Paranoid" nach zwei Minuten in Form aggressiver Stromgitarren heimsucht, gehört dabei ebenso zum Gesamtbild von Broken Water wie deren offensichtliche Freude an der Musik. Zum Abschluss gibt es mit "When you said" noch den perfekten Einsteigersong: Was als vermeintlich heimelige Akustikballade startet, verpuppt sich in viereinhalb Minuten Spielzeit in ein stürmisches, wildes Klangfeuerwerk, das zu zähmen unmöglich scheint. Aber ganz im Ernst: Wer sollte das ernsthaft wollen?
Highlights & Tracklist
Highlights
- Drown
- Coming down
- Paranoid
- When you said
Tracklist
- Drown
- Coming down
- Orange blossom stains
- Yanka Dyagileva
- Underground
- Thread to connect
- Paranoid
- River under the river
- Chantal Seder
- When you said
Referenzen