
James Yorkston - I was a cat from a book
Domino / IndigoVÖ: 10.08.2012
Federführend
Ohne die gemachten Erfahrungen würden sich keine Erwartungshorizonte auftun. Und ohne James Yorkstons Erfahrungen wäre die musikalische Gegenwart ärmer. Seine Musik hat heilende und trostspendende Kraft. Kathartische Momente sind aber nicht das einzige, was Yorkstons kunstvoll inszenierte Musik ausmacht. Auf "I was a cat from a book" verarbeitet der Schotte einige, nicht so fern in der Vergangenheit liegende Schicksalsschläge und schwer zu überstehende Situationen wie eine schwere Krankheit seiner Tochter. Der angestaute Frust befindet sich nun auf diesem Album. Ungewöhnlich für Yorkston ist, dass sich die gesamte Energie in der Dynamik einiger Songs wiederfindet. "Border song" geht hier fast als Punk-Folk-Song durch, auch wenn man dieses Genre erst erfinden müsste. Er hat sich damit vom klassischen Folk emanzipiert und sein eigenes Genre geschaffen.
Doch Yorkston wäre nicht Yorkston würde er nicht zum klassischen Folk zurückkehren, wie er ihn gerade auf "When the haar rolls in" zelebriert hat und wie ihn Alasdair Roberts immer wieder perfekt intoniert. "This line says" ist dieser klassische Folksong, für den es nicht mehr bedarf als eine gute Stimme und eine spärliche Instrumentierung. Insgesamt aber ist "I was a cat from a book" eine Vielseitigkeitsübung, für die Yorkston gerade einmal 38 Minuten benötigt. Bonnie 'Prince' Billy hätte hierfür drei Alben und fünf EPs vollgestopft. Nach dem Solostreich folgt daher "Just as sacred", eine Übung im Duett. Es wird gemeinsam mit Jill O'Sullivan von Sparrow & The Workshop vorgetragen und von Klarinetten begleitet. Beinahe mühelos flaniert Yorkston mit seinem Gespann durch die einzelnen Areale des Folk, ohne dabei den Parcours zu verlassen. Jazz und Blues werden ebenfalls gekonnt integriert.
Der schottische Songwriter geht auf "I was a cat from a book" wohl weiter als jemals zuvor, was Großes und Großartiges in Zukunft erwarten lässt. Die an ihn gelegte Erwartungshaltung ist bekanntlich schon seit einiger Zeit recht enorm. Von Zurückhaltung wie auf früheren Werken hält Yorkston nicht mehr ganz so viel. Die Stimme ist ab und an ein wenig dominanter. Zudem liefert er zum Album gleich einen kurzen Dokumentarfilm mit. Yorkston ist da angekommen, wo er ankommen wollte. "Lately, I find I struggle out of the blues", singt er treffend in "A short blues".
Doch dieses Blues-Intermezzo dauert nicht sehr lange, und so ist gleich darauf das Treiben schon wieder viel weiter. "I was cat from a book" nimmt Fahrt auf und galoppiert geradezu zum Höhepunkt: "I can take all this" heißt dieser. Die Schlagzahl des Drumming wird von Luke Flowers von The Cinematic Orchestra erhöht, und die Strahlkraft der ertönenden Geigenklänge scheint endlos zu sein. Eine pulsierende Symbiose. Yorkstons repitiert die Zeile "Feathers are falling left, right and centre", und bringt so ein weiteres Punk-Moment zum Abschluss eines tollen Werkes. Wie immer auch die Federn künftig fallen werden: Die Erwartungen könnten beim nächsten Streich ins Unermessliche steigen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Border song
- Just as sacred
- The fire & the flames
- I can take all this
Tracklist
- Catch
- Kath with Rhodes
- Border song
- This line says
- Just as sacred
- Sometimes the act of giving love
- The fire & the flames
- A short blues
- Spanish ants
- Two
- I can take all this
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kingsuede
2012-08-09 14:31:04
Ein großartiges Werk eines immer besser und vielseitiger werdenden Singer/Songwriters. Von Folk bis Punk geht auf "I was a cat from a book" so ziemlich alles.
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