Scams - Add and subtract

DevilDuck / Indigo
VÖ: 24.08.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Durch die rot-grüne Brille

Ach ja, das kennen wir ja schon. Da stehen sie, die Jungs, in ihren schwarzen Skinny Jeans, die wahrscheinlich der kleinen Cousine noch zu weit wären. Topmodische unmodisch aussehende Turnschuhe. Enge Hemden, und schau, einer von denen trägt sogar Hosenträger! Die sehen auch nicht anders aus als all die anderen in den letzten Jahren. Jaja, die Haare in 20 Minuten genau so gekämmt, dass die ungekämmt aussehen. Lächerlich! Die machen also Musik, ist ja klar. Tragen ja nicht umsonst 3D-Brillen auf jedem zweiten Foto, wie ungewöhnlich für hippe Bands heutzutage. Jetzt sollen wir auch noch raten, woher die kommen? Das ist doch wirklich einfach: Die müssen einfach aus England kommen. Und damit ist ja wohl klar, dass Scams auf ihrem zweiten Album "Add and subtract" klingen, wie jede andere x-beliebige Band der Insel der letzten Jahre, sie sehen ja auch genauso aus.

Falsch! Also gut, vom Äußeren her stimmt das schon. Aber musikalisch darf man Scams schon mal lobend erwähnen. Keine Spur vom mittlerweile längst müffeligen London-Chic mit seiner völlig aus den Fugen geratenen Scheißegal-Attitüde, die mordscool wirken soll und bei den meisten genauso aufgesetzt wirkt wie die Hornbrille mit Fensterglas. Das Quartett Scams versteckt sich nicht hinter solchen Plattitüden, sondern legt mit "Add and subtract" ein Album vor, das sich von jenen ihrer Landsmänner zumindest in einem Punkt gewaltig unterscheidet: So unbritisch klang schon lange kein Album aus England mehr. Der hektische Soulrocker "Pyramids" sorgt gleich zu Beginn für ein erstes überraschtes Stirnrunzeln, während das entgegen des Titels eher düster startende Stück "Lucky day" wie eine durch und durch amerikanische Version der Arctic Monkeys klingt.

In die gleiche Kerbe schlägt auch das hektische "Compliments", das dank des laut/leise-Wechselspiels des Schlagzeugs direkt in den Kopf des Hörers gehämmert wird. Aufgenommen im Hamburger Cloud Hill Recordings Studio mit der Hilfe von Johann Scheerer (1000 Robota, Kraków Loves Adana), steigert sich "Add and subtract" zu einem druckvollen Album, das auch vor vermeintlich ruhigeren Tönen nicht zurückschreckt. So starten sowohl "It's war " als auch "Sound and vision" ungewöhnlich still, um sich schließlich innerhalb kürzester Zeit zu einem kraftvollen Gemisch aus Schlagzeug, Stromgitarren und Gesang zu entwickeln. Den besten Song gibt es schließlich ganz zum Schluss: "There is no shame in revenge" treibt sich vom Bandkeller auf den verrauchten Hinterhof direkt auf die winzige Bühne des Lieblingsclubs und endet genau auf dem Punkt. Bei Scams gibt es keine falsche Coolness, keine verzerrten Bilder - trotz 3D-Brille.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Pyramids
  • Sound and vision
  • There is no shame in revenge

Tracklist

  1. Be a gentleman
  2. Colouring
  3. Pyramids
  4. Lucky day
  5. Lifeboats
  6. It's war
  7. Jessica's drawn that way
  8. Compliments
  9. Sound and vision
  10. There is no shame in revenge
Gesamtspielzeit: 33:42 min

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