Giant Sand - Cover magazine
Thrill Jockey / EFAVÖ: 18.03.2002
Fata Morgana
Gibt es eigentlich in der Wüste Bären? Nein, keine Eis-, Wasch-, Gummi- oder Grizzlybären, sondern vornehmlich grummelnde Exemplare dieser Art? Das Beweisstück, das uns unter dem Namen "Cover magazine" aus dem fernen Tucson erreicht, deutet jedenfalls darauf hin, daß es tatsächlich solch bärbeißiges Leben inmitten von Staub und Sand gibt. Die Wüste brummt.
Apropos Sand: Giant Sand, das verschrobene Dream-Team der Americana, versucht sich diesmal an Altbewährtem, ohne allerdings dabei auf Nummer Sicher zu gehen. Mit der Gitarre in der einen und dem Skalpell in der anderen Hand machen sich Howe Gelb und Gefolgschaft über fremdes Liedgut her. Beinahe im Vorbeischlurfen entfremden sie es dabei von seinen Ursprüngen. Daß man dazu keineswegs nur in der Nachbarschaft wildert, ist bei Gelb und Co. Ehrensache.
Schon der Blick auf den Fahrplan überrascht. Wann schon hat jemand Black Sabbath, Johnny Cash, Goldfrapp, Nick Cave und Sonny & Cher unter einen, wenn auch schief sitzenden Hut gebracht? Dabei werden die Originale oftmals bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Die Band forscht nach Untiefen und Abgründen in den Songs und findet so jede Menge Raum, den es zu füllen gilt. Wenn das düstere Traditional "Wayfaring stranger" plötzlich Flügel bekommt und mit Sinatra zum Mond fliegt, erscheint dies fast schon als logisch. Hier wächst zusammen, was nicht annähernd zusammengehört. Der Bruch als Konzept.
Statt nach Wohlklang sucht Gelb nach dem Dreck unter dem Fingernagel. So wird aus dem schwergewichtigen "Iron man" (Black Sabbath) ein fahriger Schleicher, während sich im kratzbürstigen "The beat goes on" (Sonny & Cher) Swing und Dissonanz die schmutzigen Hände reichen. In Roger Millers "King of the road" schraubt Gelb gar dem nervigen Wackel-Elvis kurzerhand den Hals ab. Selbst dem eigenen "Blue marble girl" setzt er ein rostiges Messer an die Kehle. So klingt sein Gesang zwar mitunter wie kurz vor dem Erstickungstod, doch im staubigen Universum von Giant Sand ist das Atmen eh überflüssig. To die by your side is such a heavenly way to die.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Iron man
- Human / Lovely head
- The beat goes on
Tracklist
- El Paso / Out on the weekend
- Johnny Hit And Run Pauline
- Iron man
- Human / Lovely head
- The beat goes on
- Plants and rags
- Wayfaring stranger / Fly me to the moon
- Red right hand
- King of the road
- I'm leaving now
- Blue marble girl (live)
- The inner flame (live)
- The beat goes on (live)
Referenzen
Spotify
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