Jaill - Traps
Sub Pop / CargoVÖ: 15.06.2012
Womöglich cool
Heutzutage schneidet man sich als gewöhnlicher Großstadt-Yuppie nicht mehr selbst Löcher in die Jeans. Nein, man bekommt seine Hosen direkt vom Hersteller zerschnippelt. Das nennt man dann Used- oder Wasted-Look. Richtig cool sind aber doch in Wirklichkeit nur die Leute, die diesen Job noch von den guten alten Kleidermotten erledigen lassen. Nun weiß man nicht, wie es um die Beinkleider von Jaill bestellt ist, doch schließt man vom Sound auf die Klamotten, dann gehören die drei Jungs aus Milwaukee sicherlich zu den coolen Leuten. Das Quartett spielt nämlich wunderbar melodieverliebten und rückwärtsgewandten Gitarrenpop, der schon so richtig lange nicht mehr abgestaubt wurde.
Unter der zentimeterdicken Schmodderschicht aus Staub und alten Chips versteckt sich Jaills große Liebe für die gesamte Gitarrenmusik von 1963 bis heute, von Prog-Rock vielleicht einmal abgesehen. Auf seinem nunmehr dritten Album klinget das Trio mal wie die Beatles, dann wieder wie Pavement, aber am liebsten eigentlich wie die Beach Boys. Und da die genannten Gruppen durch die Bank ziemlich gute Vorbilder sind und die Jungs von Jaill talentierte Nachmacher, ist das Ergebnis eine rundum gelungene Platte. Manchmal ist es eben so einfach - kein Grund also, um den heißen Brei herumzureden.
Tun Jaill schließlich auch nicht und kommen auf ihrem dritten Album recht schnell zur Sache. Bereits nach den ersten beiden Songs ist klar, dass hier hochmelodischer Gitarrenpop auf orangensaftgetränkte Hooks trifft. Die Songs sind in den meisten Fällen sonnig, manchmal ein wenig psychedelisch, aber nie angestrengt anstrengend. Jaill bleiben so leichtfüßig wie Best Coast, zwar ohne deren Naivität, dafür aber mit einer dicken Portion Frechheit. Anders lassen sich frivole Pop-Songs wie "Perfect ten" oder "Everyone's a bitch" nicht erklären.
Besonders schön wird es, wenn Jaill die Orgel rausholen, um einen Song namens "House with haunting" genauso klingen zu lassen, wie ein Song namens "House with haunting" eben klingen muss. Minimal spooky, größtenteils großartig. Für den flotten, akustischen Ohrwurm "Madness" holen sich die drei weibliche Verstärkung, die ja bekanntlich in den seltensten Fällen schadet. Mit "Million times" schieben Jaill dann ein weiteres ruhiges, melancholisches Stück nach, bevor sie gegen Ende noch einmal etwas rotziger werden, ohne es aber zu übertreiben. Sie agieren auf "Traps" wie schlampige Genies, die alte Schallplatten, alte Comics und alte Staubmäuse sammeln. Bei alledem den Überblick zu behalten, ist oftmals die wahre Kunst - und zumindest darin sind Jaill Virtuosen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Everyone's a bitch
- House with haunting
- Million times
Tracklist
- Waste a lot of things
- Everyone's a bitch
- Perfect ten
- Horrible things (make pretty songs)
- I'm home
- House with haunting
- Madness
- Million times
- Ten teardrops
- While you reload
- Stone froze mascot
Referenzen
Spotify
Threads im Forum
- Jaill - That\'s How We Burn (3 Beiträge / Letzter am 03.12.2010 - 13:15 Uhr)