Tom Williams & The Boat - Teenage blood
Wire Boat / Moshi Moshi / Rough TradeVÖ: 04.05.2012
Auf der Folkshochschule
Ist schon klar: Im Folkrock noch einen eigenen Zungenschlag zu versuchen, erscheint wie die Quadratur des Kreises. Dass die ewige Suche nach dem Unerhörten, Futuristischen, Aufgepeppten, Abgespeckten oder Abgespackten auch nicht wirklich weiterhilft, stimmt allerdings ebenso. Was also tun, mit den eins plus fünf Recken von Tom Williams & The Boat? Deren via PledgeMusic teils Fan-finanziertes Album "Teenage blood" nimmt sich aus dem ganzen großen Folkrock einfach all das, was es braucht, um sich ordentlich in Trauer-Laune zu schunkeln. Nicht nur deshalb ist dieses Zweitwerk eine äußert runde Sache - die ein oder andere Kante erwartungsgemäß inklusive.
Denn Tom Williams & The Boat halten sich den College-Rock von Buffalo Tom ebenso dezent vom Hals wie Ausflüge in Richtung Indie-Pop bis -Rock. Stattdessen verbreiten Geigen und Klaviere größere Folkhaftung, allerdings ohne auch nur ansatzweise ins Fiedeln oder Klimpern auszuarten. Rhythmisch präsentieren sich Songs wie "Teenage blood" und "Neckbrace (Big wave)" hingegen durchaus rüstig und entschieden. Nur der musikalische Überbau bleibt einerseits behutsamer, andererseits folkverliebter. Dennoch ist "Too young" dann eben doch ein verdächtig straighter Mini-Hit in Richtung Idlewild oder Wintersleep. Und auch die Gitarren von "Like you" rumpeln kurz vor der Vollverzerrung durch kickendes Mitnicker-Midtempo. Können der eine und die fünf Briten halt auch. Haben sie aber nicht immer Lust zu.
Williams selbst singt ebenso an dunklen Klangfarben wie an leidendem Leiergesang entlang, vermag beides aber in Gleichzeit zu einem konsistenten Vortrag zu verdichten. Das klingt dann etwa bei "My bones", als würde Tanita Tikaram zu einem Dolorean-Arrangement ein Robert-Smith-Gedicht vortragen. Halt, Augenrollen sofort einstellen: hört sich wirklich sehr prima und druckvoll an. Und da Williams seine Stimme zudem auch sonst in leichtem Überdruck aus den Lungenflügeln presst, braucht sie den finalen Ausbruch ebenso wenig wie die Musik seiner Band - innere Spannung gibt es eben ohnehin mehr als genug. Sprich: All das wird auf "Teenage blood" wirklich sehr konsequent zusammengebracht. Und zwar ebenso in den Gesangs- und Gesamtharmonien wie durch einen ganzen Batzen an Melodien, die durch die sanft gestrichenen oder vollmundig geschlagenen Akkorde stromern.
"Trouble with the truth" und "Summer drive" bauen daraus ergreifende Balladen, im einen Fall durch ein klagendes Duett veredelt, im anderen Fall in ein düsteres 1950s-Schunkeln verwandelt, aus dem der Song derart grimmig und nachdrücklich ausbricht, dass auch Williams' Stimme erstmals Galle durch den Hintergrund spuckt. Wer also das ganze traurig herumwütende Folk-Trallala bereits zum dritten Mal in seinem Leben für von vorgestern hält, der könnte sich von "Teenage blood" zum vierten Mal vom Gegenteil überzeugen lassen. Wenn nicht, so kann er auf dieses Album ebenso verzichten wie dieses Album auf ihn. Alle anderen erfreuen sich an einer zupackenden und feingliedrigen Musik, die dem Genre mindestens ebenso viel aussaugt, wie sie ihm gibt. Keine vollkommene Quadratur, aber durchaus eine präzise Näherungsrechnung mit einigem Mehrwert.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Too young
- Trouble with the truth
- My bones
- Like you
Tracklist
- Teenage blood
- Too young
- Little bit in me
- Trouble with the truth
- My bones
- Neckbrace (Big wave)
- Like you
- There's a stranger
- Summer drive
- Emily
Referenzen