The Soundtrack Of Our Lives - Throw it to the universe
Haldern Pop / Rough TradeVÖ: 22.06.2012
In stiller Auskehr
Es gibt ja die verschiedensten Arten, Abschied zu nehmen. Mit einem beiläufigem Handschlag oder Augenzwinkern. In Tränen aufgelöst oder zu ebensolchen gerührt. Mit Kloß im Hals, zittriger Stimme und letzter Kraft. Manchmal gar stocksauer und mit kalter Schulter. Oder eben auch mit einem finalen "Fuck you!", beziehungsweise, je nach Gemütslage, "Paaaaaarty on!" Letztlich aber geht es bei allen um zwei zentrale Affekte: Entweder um den großen Knall. Oder um ein ruhiges "Tschüss.", das selbst gar nicht so Recht glauben mag, dass es das jetzt gewesen sein soll. So etwa bei The Soundtrack Of Our Lives: Nur kurz nach der Ankündigung des neuen Albums "Throw it to the universe" gab deren Label Haldern Pop ihre Auflösung zum kommenden Jahreswechsel bekannt. Ente, Sadstorm oder Panikmache mal außen vor: In jedem Fall konzentrieren sich die sechs Schweden zum Abschied lieber auf die leisen Töne.
Eine gute Entscheidung. Gar eine enorm hinterlistige. Denn was der Hörer bald komplett vermissen wird, das kann er im Kleinen einer einzigen Platte doch gar nicht vorwerfen. Mit "Throw it to the universe" verschaffen sich The Soundtrack Of Our Lives deshalb paradoxerweise noch einmal Freispiel: In der Tat scheinen sie hier einfach all die wunderschönen, traurigen Melodien final zusammenpacken, die es mit Rücksicht auf Rock und dicke Hose nicht auf ihre bisherigen Platten geschafft haben. Wenn der Abschied derart leise ist, dabei aber eben diese Freiheit versprüht, dann weiß man spätestens: Hier spielen die in Melodien und Songs derart verlässlichen, in jedem Detail aber unendlich cleveren Göteborger zum Trauermarsch auf.
Folkrock beherrscht entsprechend die Szenerie von "Throw it to the universe". The Soundtrack Of Our Lives spielen ihn wie eh und je: mal mit Byrds-Einschlag wie bei "Reality show" und "Where's the rock" (sic!), mal konzentriert und rüstig wie bei "You are the beginning". Psychedelic findet kaum noch statt, und die große Rocksause eben ohnehin nicht. Obwohl die Drums natürlich auch wirbeln und zucken wie beim Spacerock-Schlingern von "Faster than the speed of light". "Busy land" hingegen wirft sich fröhlich ins Getümmel aus Schredder-Akustik und Beatles-Arrangements - beinahe eine Trotzreaktion, denn jedes einzelne "Dü, dü, dü, dü" lässt das Herz hüpfen und doch gleich wieder zusammensacken. Und auch das folgende "If nothing lasts forever" ist ein absolut ergreifendes Slide-Guitar-Statement, das Buffalo Tom vor Jahrzehnten seltsamerweise zu schreiben vergessen haben.
Ebbot Lundberg singt dazu groß und kratzig, doch auch so konzentriert, ja behutsam wie selten. Und er schreibt Zeilen, die allesamt als übergroße Abschiedsgesten durchgehen, selbst wenn sie nicht so gemeint sein sollten. Gleich der Opener stellt fest: "We say hello to say goodbye / We are the soundtrack of your lives." "You are the beginning" gibt aufmunternde, letzte Ratschläge en masse, "Reality show" resümiert die zurückliegenden Jahre mit leichter Verwirrung. Und beinahe flächendeckend gibt Lundberg die Fackel an ein unbestimmtes "you" weiter, das jetzt statt ihrer weiterstrahlen soll: "Shine on / There's another day after tomorrow / There's another day after the end." Oder er versichert, dass er doch auch immer da sein wird: "But if you could stay together / I'll sing for you / And if you could face tomorrow/ I'll spread the word for you."
Ab "Solar circus" atmen dann Orgeltöne schwermütig aus, Klaviere perlen zu traurigen Abschiedstänzen, die Rhythmik nimmt sich nochmals zurück, um die Party würdevoll ausschunkeln zu lassen. Ja, das ist das ganz dicke Pathos, doch es wird durch den zurückhaltenden, gleichwohl fabelhaft ausarrangierten musikalischen Körper mehr als getragen. So wirft "Throw it to the universe" die Arme in die Luft und bleibt doch in ruhiger Einkehr ganz bei sich. Auf diese Weise nehmen The Soundtrack Of Our Lives Abschied in allen denkbaren Facetten. Es gibt viele Gründe, sie zu vermissen. Nicht alle befinden sich auf dieser Platte. Aber immer noch mehr als genug. Vor allem aber erneut: ihre emphatische und doch so leichtfüßige Cleverness. Auf dass die Herzen weiterstrahlen, selbst wenn es wehtut.
Highlights & Tracklist
Highlights
- You are the beginning
- When we fall
- Faster than the speed of light
- Busy land
- If nothing lasts forever
Tracklist
- Throw it to the universe
- You are the beginning
- When we fall
- Where's the rock
- Freeride
- Waiting for the lawnmowers
- Faster than the speed of light
- Reality show
- Busy land
- If nothing lasts forever
- Solar circus
- What's your story?
- Shine on (There's another day after tomorrow)
Referenzen
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