Spain - The soul of Spain
Glitterhouse / IndigoVÖ: 11.05.2012
Auf dem Ruhepolster
Die vier Geschwister Haden sind ein ganzer Themenpark an musikalischen Querverweisen und Kollaborationen. Die Verwandschafts- und Freundesverhältnisse von Petra, Rachel, Tanya und Josh reichen vom Medienmogul bis zum hinterletzten Straßenmusikanten. Dass sie zudem Jazz-Ikone Charlie Haden zum Vater haben, mag die Ursache dafür sein, dass bei allem, was sie anpacken, schnell die Jazz-Referenz herausgehört werden will. Doch wie das immer so ist: Ferner der Realität könnte man mit solchen Kurzschluss-Assoziationen kaum liegen. Insbesondere Josh Hadens Spain bekamen das (Lounge)-Jazz-Label derart nachhaltig aufgepresst, dass man sich schon fragen konnte, wann genau die Referenten eigentlich ihren Hörnerv mit Fantasia kurzgeschlossen hatten. Wobei das durchaus nicht das einzige Missverständnis ist, dass die für "The soul of Spain" erstmals seit elf Jahren reformierten Spain begleitet.
Das zweite hört auf den Namen Slowcore, ein Genre, dem Spain ebenfalls nur zu gerne zugeordnet wurden. Allerdings: Während die Entschleunigungen von Codeine, Red House Painters oder Low quasi die Konzentrationsrichtung umkehrten, um Spannung nicht durch Ex-, sondern Implosion zu erzeugen, da hatte man bei Spain öfter mal das Gefühl, es eigentlich mit Wohlfühl-Gitarren-Pop zu tun zu haben, der lediglich zu faul fürs Radio ist. Was auch daran liegen mag, dass Haden ausschließlich Liebeslieder schrieb, die ihre Verzweiflung zu Abendgarderobe ausstaffierten und keineswegs bis zur Selbstzerfleischung in ihr herumstocherten. "The soul of Spain" will nun bereits im Titel an das Debüt "The blue moods of Spain" anknüpfen - durchaus ein wichtiger Genrebeitrag Mitte der 1990er Jahre und zweifellos ihr bestes Album. Und genau das bleibt es auch, trotz dieser elf neuen Stücke.
Es sind Glanzlichter dabei wie "All I can give", das sich alle Zeit der Welt nimmt, Hadens einschmeichelnde Stimme ganz nach vorne mischt und über dem Beat wundervolle Melodien perlen lässt, während es im Hintergrund sachte über die Streicher kratzt und pickt. Auch zum folgenden "Walked on the water" füllt sich das Arrangement ganz langsam bis zum Platzen, und doch bleibt der Sound schlank, entspannt und luftig. Ebenso bei "Sevenfold", dessen Klavierrhythmus gerade tief genug schnarrt, um den Schunkelbeat und die runden Bass- und Gitarrenläufe bestens zu unterstützen. Oder "Falling", das es tatsächlich schafft, seine Verzweiflung zu sanftem Orgelatmen und dispergierenden Background-Chören wunderbar zu vertiefen.
Der gesamte Rest von "The soul of Spain" spielt - hingegen, eben, erneut - Liebeslieder en masse, doch immerhin kommt Haden nach Lied fünf davon ab, das Four-Letter-Word selbst in jeder zweiten Zeile zu bemühen. Hinzutreten mit "Miracle man" und "Because your love" zwei Midtempo-Blues-Rocker, deren Zurückhaltung kongenial darüber hinwegtäuscht, dass die Riffs nicht eben unerhört aus dem Handgelenk schlüpfen. Dass "The soul of Spain" somit erneut eher Kuschelrock für (nicht-)jazzafine Schöngeister ist, muss gar nicht weiter stören. Wie auch, zu dieser Musik?
Highlights & Tracklist
Highlights
- All I can give
- Sevenfold
- Falling
Tracklist
- Only one
- Without a sound
- Because your love
- I'm still free
- I love you
- All I can give
- Walked on the water
- Sevenfold
- Miracle man
- Falling
- Hang your head down low
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Miles Davis - Sketches of Spain (1 Beiträge / Letzter am 10.10.2022 - 21:29 Uhr)
- Spain - Carolina (4 Beiträge / Letzter am 18.06.2016 - 01:58 Uhr)